• Politik
  • Heron-Drohnen der Bundeswehr

Erst die Drohne - dann die Raketen

Bundeswehr erhält unbemannte Kampfflieger, die vorerst unbewaffnet bleiben sollen

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.

Dieser Reiher ist ein Monster: Mit einer Länge von 14 Metern und einer Flügelspannweite von 26 Metern kann er Höhen von bis zu 14 Kilometern erklimmen und länger als 30 Stunden in der Luft bleiben. Man muss kein Ornithologe sein, um richtig zu vermuten, dass man diesen Reiher in keinem Handbuch für Vogelfreunde findet. Vielmehr vermarktet der israelische Rüstungskonzern IAI seine Aufklärungs- und Kampfdrohnen unter dem englischen Namen »Heron«, was übersetzt Reiher heißt. Dieser High-Tech-Reiher soll nun auch für die Bundeswehr fliegen.

Nach langem Hin und Her hatten sich Union und SPD auf einen Kompromiss verständigt. Demnach soll die Bundeswehr die Kampfdrohnen vom Typ »Heron TP« anmieten - allerdings unbewaffnet. Dies bestätigt eine als »vertraulich« eingestufte Vorlage für den Haushaltsausschuss des Bundestags, die dem ARD-Hauptstadtstudio am Dienstag zugespielt wurde. Die »Herstellung der vollumfänglichen Bewaffnungsfähigkeit« sei »nicht beauftragt«, heißt es in der Vorlage für den Ausschuss, der Mitte Juni Grünes Licht geben soll.

Eine Killerdrohne ohne Waffen. Eine »Nebelkerze«, meint der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko (LINKE). »Natürlich ist die Waffenfähigkeit insgeheim schon längst beschlossen und die SPD auf Umfaller-Kurs«, glaubt Hunko. Tatsächlich wirkt es, als spiele insbesondere die SPD auf Zeit. Denn vor der Bundestagswahl 2017 hatten sich die Sozialdemokraten vehement gegen die Anschaffung der Drohnen gestemmt, weil man aus Erfahrung weiß, dass friedenspolitische Themen immer ziehen. Zumal sich zwei Drittel der Deutschen in Umfragen gegen Bundeswehr-Kampfdrohnen ausgesprochen haben. Doch die Wahlen sind vorbei. Jetzt muss die SPD liefern, schließlich fordern Bundeswehrlobbyisten seit Jahren die unbemannten Flieger »für den Schutz unserer Soldaten«.

Technisch ist die Umrüstung zur Kampfdrohne kein Problem. Die »Heron TP« werden zwar unbewaffnet bereitgestellt, sind aber so ausgestattet, dass man sie schnell zu lautlosen Killern umbauen kann. Zuvor muss nur der Bundestag »nach ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung« sein Plazet geben, so will es der Koalitionsvertrag. Doch Andrej Hunko glaubt, dass die Entscheidung in den inneren Zirkeln der Macht längst gefallen ist: Wäre der Ausgang einer »breiten gesellschaftlichen Debatte« tatsächlich offen, so der Linkspolitiker, »müsste nicht die teuerste Drohne am Markt beschafft werden. Sondern es würde der Betrieb der jetzt schon in Afghanistan zur Beobachtung aus der Luft eingesetzten ›Heron 1‹ genügen.«

Die Bundeswehr nutzt die kleinere Aufklärungsdrohne »Heron 1« seit längerem in Afghanistan und Mali. Zwar gab es Überlegungen, diese Drohnen zu bewaffnen, doch ist ihre Zuladung auf maximal 250 Kilogramm begrenzt. Von ganz anderem Kaliber ist ihre größere Schwester, die »Heron TP«. Nach Angaben ihres Herstellers, Israeli Aerospace Industries, hat sie eine Nutzlast von 2,7 Tonnen. Deutsche Experten ziehen das Ladelimit bei 1000 Kilogramm. Auf jeden Fall kann sie problemlos lasergesteuerte Raketen und Bomben tragen.

Die Bundeswehr wird die Drohne nur leasen. Den Kauf übernimmt der europäische Luftfahrtkonzern Airbus, der insgesamt fünf Maschinen erwerben wird und sich auch um Unterhalt und Wartung kümmert. Der Betreibervertrag sieht vor, dass die Steuerzahler diese öffentlich-private Partnerschaft der besonderen Art mit 718 Millionen Euro alimentieren. Hinzu kommen noch einmal 176 Millionen Euro, die Israel für die Ausbildung der Bundeswehrsoldaten und Bereitstellung der Infrastruktur erhält. Die Drohnen sollen nämlich in Israel bleiben und im Bedarfsfall von dort starten.

Etwaige Einsätze sind in der Kalkulation noch nicht enthalten, man rechnet aber mit einem zusätzlichen dreistelligen Millionenbetrag. Unter dem Strich also ein Milliardenprojekt. Die »Heron TP« soll eine Übergangslösung sein bis zur Entwicklung einer europäischen Kampfdrohne dieser Größe, die bis 2025 einsatzbereit sein soll. Experten halten den Termin für unrealistisch. Gut möglich also, dass der Reiher nach erfolgtem Plazet des Bundestags noch viele Jahre Kampfeinsätze für die Bundeswehr fliegt. Andrej Hunko warnt: »Kampfdrohnen senken die politische Hemmschwelle bei der Entscheidung über Militäreinsätze. Sie führen zur Entgrenzung des Krieges, zeitlich und räumlich«.

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