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Kein Bitte, kein Danke, keine Würde

Gehören Kinder zu Deutschland? Ein Plädoyer für eine gerechtere, humanere, nachwuchsfreie Gesellschaft

  • Thomas Blum
  • Lesedauer: 5 Min.

Schon die Schwangerschaft ist eine »ekelhafte Krankheit« (Charles Baudelaire), von der es zwar heißt, dass sie mit der Geburt ende. Doch genau diese, die man zunächst geneigt sein könnte, für die Kur der Krankheit zu halten, ist, wie man heute weiß, tatsächlich deren letzter und schmutzigster Exzess. Wie der Eiterpropf am Ende aus dem lange gereiften Pickel hervorschießt, so wird auch der neue Erdenbürger, wenn seine Zeit gekommen ist, ins Dasein gepresst. »Das wahre, einzige Pech« des Menschen besteht darin, »das Licht der Welt zu erblicken. Es entspricht der Aggressivität, dem Prinzip der Expansion und der Raserei.« Das wissen wir dank Emil M. Cioran.

Schon zu Beginn seiner in beschönigender Absicht »Leben« genannten Freiheitsstrafe auf diesem Planeten hat das Kind - von der ebenso vernunftlosen wie grausamen Natur angelegt »als Maschine zur pausenlosen Erzeugung von Geräuschen und Lärm« (Frederick Fairlie) - nur eines im Sinn: die Welt bis zum Geht-nicht-mehr mit sich selbst vollzumachen, (zuvor friedlichen) Raum zu okkupieren, jedes erreichbare freie Fleckchen wahlweise mit seinen Ausscheidungen oder anderen Schmierereien (siehe Bild oben) zu besudeln, fortan eine einzige lebendige »Dauerpräsentation unserer Schande« (M. Walser) zu sein, uns Erwachsenen auf die Nerven zu fallen, uns das Leben zur Hölle zu machen, an uns herumzuschmarotzen und uns nach Strich und Faden auszubeuten. Das Kind, der lebensbejahende infantile Ausbreitungstyp, trifft auf uns, den selbstverneinenden erwachsenen Platzhaltertyp.

Kinder kennen kein Bitte, kein Danke, kein Mitgefühl, sie haben keinen Anstand, keine Würde, besitzen keinen Esprit, kein Denkvermögen und keine Urteilskraft. Kinder pfeifen auf Werte wie Gerechtigkeit und Solidarität, sind voller Dünkel, Gier und Hass, sind das personifizierte Inhumane: Was sie wollen, sind sie gewohnt, frech zu fordern, zu verlangen. Bekommen ausnahmsweise einmal nicht sie das Verlangte, sondern bekommt es ein anderes Kind, hassen sie das profitierende andere Kind. »Alle Kinder sind im Grunde kriminell« (Denis Diderot). Im Kern sind Kinder allesamt kleinwüchsige, noch unfertige Versionen von Pol Pot oder Augusto Pinochet bzw. von Hermann Josef Abs, Ebenezer Scrooge und Charles Montgomery Burns. Kinder sind verschlagene, selbstsüchtige, amoralische Wesen voller Niedertracht, ausschließlich an sich selbst und ihrem eigenen Wohlergehen interessierte kleine Monster, die für ihren Pudding, ihre Bauklötzchen oder ihr Smartphone weit mehr Zärtlichkeit empfinden als für jedes in ihr Sichtfeld kommende menschliche Wesen. Es gibt nichts Unverschämteres, Ignoranteres und Repressiveres als Kinder.

Schon die ersten beiden Phasen des Kindeslebens, das ziellose Vegetieren als Säugling und die Kindheit, sind aus Erwachsenenperspektive eine einzige Abfolge von Katastrophen: Einem mehr als würdelosen Dasein als dauerkrakeelendes Etwas und zweibeiniger Scheißebehälter, geprägt von Analphabetentum und Leistungsverweigerung, folgt die Episode des Schnorrens und des frechen Einforderns von Nahrungsmitteln und Waren bis hin zu Luxusartikeln des gehobenen Bedarfs, ohne dass damit zu rechnen wäre, dass jemals eine auch nur minimale Gegenleistung des Kindes erfolgt. Mit »Rabääh« und »Ich will ein Eis« fängt es an, und mit »Fick dich, Alter« und »Ich lass den Keller zum HipHop-Studio umbauen« hört es immer noch nicht auf. Kinder sind vom Stamme Nimm. Ihre Identität, falls es derlei gibt, zementieren sie durch das beständige Aufdrehen ihrer Lautstärke, die fortwährende Ausdehnung ihres Aktionsfeldes und die dreiste Anhäufung sinnlosen Besitzes. Kinder tragen ihre Dummheit freimütig überallhin spazieren, stellen sie bereitwillig ohne jede Scham zur Schau. Sie schlafen, wann es ihnen passt, und fressen, was und wann es ihnen in den Sinn kommt. Ihr Umgang mit Körperpflege und -reinhaltung ist in aller Regel hochgradig nachlässig, sie gehen keiner geregelten Arbeit nach, widmen einen nicht gerade geringen Teil ihrer großzügig bemessenen Freizeit hauptsächlich den Tätigkeiten Herumhängen und Maulaffenfeilhalten, zahlen keine Steuern, stehlen uns wertvolle Lebenszeit, leben auf unsere Kosten, wollen sich unserer Erwachsenenwelt nicht anpassen und sind auch in ökologischer Hinsicht Zeitbomben.

Sprechen wir es ruhig einmal offen aus: Für den Umgang mit Kindern gilt, was für den Krieg gilt. Es gibt nur ein Gesetz: Sie oder wir.

Was also mit ihnen tun? Anders gefragt: Gehören Kinder zu Deutschland? Warum sie weiter durchfüttern? Sind es nicht Kinder, die unser Land durch ihre fortgesetzte mutwillige Untätigkeit ökonomisch schwächen? Sind es nicht Kinder, die rücksichtslos und lauthals brüllend durch unsere längst von zahllosen Hüpfburgen, Kindertrampolinen und anderem Plastikmüll verunstalteten Innenstädte marodieren? Sind es nicht Kinder, die in unseren Parks und Gärten achtlos Blumen und frische Kräuter ausreißen, dort regelmäßig eine kilometerlange Spur übelriechender voller Windeln hinterlassen und uns frech unsere Luft wegatmen? Hand aufs Herz: Lässt sich eine solidarische, gerechte Gesellschaft nicht viel besser ohne sie organisieren? Wäre es nicht an der Zeit, Kinder endlich ein für alle mal unseres Landes zu verweisen?

Andererseits: Wer abwechselnd in die von Selbstgerechtigkeit und tumbem Stolz zerfressenen Gesichtszüge der Eltern und in die ihrer zu kleinen Diktatoren mutierten Zöglinge sieht, fragt sich sofort, wer eigentlich die bemitleidenswerteren Geschöpfe sind, die verbiesterten Eltern oder ihr durch und durch menschenfeindlicher, bösartiger Nachwuchs. Möglicherweise hilft uns bei der Beantwortung dieser Frage ja eine Einschätzung von Karl Kraus, der »die meisten« seiner Mitmenschen »als traurige Folgen einer unterlassenen Fruchtabtreibung« betrachtete.

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