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Es fehlen die Ostdeutschen

Ebenso wie im Bundeskabinett finden sich in der Kohleausstiegskommission kaum Ostdeutsche, bemängelt Lorenz Gösta Beutin

  • Lorenz Gösta Beutin
  • Lesedauer: 3 Min.

Diesen Mittwoch soll es so weit sein. Nach ewigem Gerangel über Zuständigkeiten von Ministerien (Wirtschaftsministerium versus Umweltministerium), über Personen und Arbeitsaufträge und peinlicher Last-Minute-Absage des Tagesordnungspunkt aus »organisatorischen und personellen Gründen«, will das Merkel-Kabinett jetzt endlich die Kommission »Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung« einsetzen. Das 31-köpfige Gremium soll noch vor der parlamentarischen Sommerpause die Arbeit aufnehmen und bis Ende des Jahres der Regierung und dem Parlament einen Kohle-Konsens vorlegen. Die Empfehlung soll ein Kohleausstiegsdatum festzurren, die sozial-ökonomische Absicherung des Endes von Braunkohletagebau und Kohlekraftwerken vorausdenken, und Sofortmaßnahmen zur Schließung der deutschen Klimaschutzlücke in die Tat umsetzen.

Bisher überhaupt nicht im Fokus der Aufmerksamkeit ist dabei die mangelhafte Vertretung von Ostdeutschen. Ein Blick auf die vergangene Woche durchgesickerte Personalliste zeigt die Misere schräger Repräsentation. Die Leitung der Kommission ist noch fair. Mit Matthias Platzeck und Stanislaw Tillich sind zwei Ostdeutsche für die Führung des Arbeitskreises berufen. Beide kohlefreundlich, aber immerhin. Weiter unten im Personaltableau sieht es für den Osten recht mau aus. Bei 24 bekannten Gremienmitgliedern aus den gesellschaftlichen Teilbereichen Wissenschaft (4), Industrie (4), Gewerkschaften (3) und Umweltverbänden (2) gibt es keine Frau und keinen Mann mit DDR-Herkunft. Die Energiewirtschaft schickt mit der Unionspolitikerin Katherina Reiche (Brandenburg) und der Grünen Gunda Röstel (Sachsen) immerhin zwei Ostdeutsche ins Kohleausstiegsrennen. Bei Vertreter_innen aus den Regionen liegt es an der Natur der Sache, dass mit Christine Hentier (Bürgermeisterin Spremberg) und Hannelore Wolke (Wählergruppe »Grüne Zukunft Welzow«) auch zwei im real existierenden Sozialismus Geborene am Strukturwandel mitstricken dürfen. Mitreden dürfen auch noch drei Bundestagsabgeordnete, deren Namen zu Redaktionsschluss noch nicht bekannt sind, allerdings ohne Stimmrecht. Bekannt wurde zu Wochenbeginn die Ernennung von CSU-Vorstandsmitglied Gerda Hasselfeldt. Geboren ist die Ex-Gesundheitsministerin und Trägerin des Bayerischen Verdienstordens fernab von Kohlegruben und Kohlekumpel-Sorgen, in Straubing.

Woher kommt dieser Mangel an Repräsentation? Die Kohlekommission ist ein 1:1-Spiegel der Großen Koalition. Anfang des Jahres, während der Regierungsbildung, hatte der Osten schon Alarm geschlagen. Bei 16 Minister_innen der Merkel-Regierung ist Franzsika Giffey (SPD) als Familienministerin das einzige Kabinettsmitglied aus der ehemaligen DDR. Bei den Staatssekretär_innen sieht es nicht besser aus: von 35 Staatssekretär_innen sind vier aus den neuen Bundesländern.

Jetzt könnte man sagen, dass bei 66 Millionen Menschen im Westen (ohne Westberlin) und 12,5 Millionen im Osten (ohne Ost-Berlin) die Aufteilung gerecht sei. Doch ein Ende der Kohle betrifft die Beschäftigten und ihre Familien in Lausitz, Sachsen und Nordrhein-Westfalen zahlenmäßig mehr oder weniger gleich. Und es geht nicht nur um einen kommagenauen Ost-West-Nord-Süd-Proporz. Bis heute brennt im Osten das ungute und oft zutreffende Gefühl, vom Westen übernommen worden zu sein. Produziert die Energiewende eine Neuauflage vom »Aufbau Ost« und den »blühenden Landschaften« werden vor allem die rechten Menschenfänger leichtes Spiel haben.

Neben der fehlenden Repträsentaion von Ostdeutschen hagelt es weitere Kritik: So würden wichtige politische Entscheidungen durch die Großen Koalition in Arbeitskreise verschoben, statt ein Kohleausstiegsgesetz und ein Klimaschutzgesetz mit klaren Ansagen für alle Wirtschaftssektoren zu beschließen. Ebenso seien es zu viele und zu anspruchsvolle Arbeitsaufträge, die in zu wenig Zeit auf zu vielen Akteure und Interessen treffen würden. Die Folge sei, dass am Ende nur eine erneuerte Variante des längst beschlossenen Klimaschutzplans 2050 der Bundesregierung beschlossen würde, die auch nur eine unverbindliche Politikempfehlung sei. Darüber hinaus sind in den Prozess zu wenige Vertreter_innen der Umweltschutz- und Klimaorganisationen und Erneuerbare-Energien-Branche eingebunden. Diese stünden einer Übermacht »fossiler Interessen« und ihrer Wortführer gegenüber. Dass die Opposition im Bundestag nicht eingebunden wird, ist ohnehin ein undemokratisches Unding.

Lorenz Gösta Beutin ist Sprecher für Energie und Klima der Linksfraktion im Bundestag. ​

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