Bayerns Regierung will Abschiebeflüge selbst organisieren
CSU legt Kabinettsbeschluss zu Verschärfungen in der Asylpolitik vor / Bundesinnenminister Horst Seehofer will Georgien als »sicher« erklären
München. Die bayerische Landesregierung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will einen eigenen Plan für Verschärfungen in der Asylpolitik auf den Weg bringen. »Wir wollen den Abschiebedruck insgesamt erhöhen«, sagte Söder dem »Münchner Merkur« vom Montag. Bayern wolle »ein Vorbild für andere Bundesländer werden«. Im Mittelpunkt der Planungen stehen demnach die sogenannten AnKERzentren, gegen die es in anderen Bundesländern noch Widerstand gibt.
In Bayern dagegen ist dem Bericht zufolge in jedem Regierungsbezirk ein solches Zentrum geplant, in dem Asylbewerber von der Ankunft bis zum Entscheid über ihre Zukunft untergebracht werden. Nach Angaben Söders soll es jedoch keine neuen Einrichtungen geben, stattdessen werde in den bisherigen Stellen alles gebündelt. Es bleibe bei den bestehenden Kapazitäten.
In den Zentren soll es demnach kein Taschengeld, sondern nur noch Sachmittel geben. »Wenn Menschen von Anfang an wissen, dass sie keine Aussicht auf Asyl haben, muss man ihnen auch keine Anreize in Form eines Asylgehalts zahlen«, sagte Söder. Eine Aufhebung des generellen Arbeitsverbots ist demnach nicht geplant, stattdessen sollen Asylbewerber »gemeinnützig arbeiten«.
Dem Bayerischen Rundfunk zufolge will das Kabinett den Plan am Dienstag beschließen. Dieser sieht nach dem Bericht des »Münchner Merkur« unter anderem auch weitere Abschiebehaftplätze vor. Wer in Aufnahmeeinrichtungen Gewalt gegen Polizei oder Sicherheitskräfte anwende oder randaliere, habe sein Gastrecht verwirkt, schreiben die bayerischen Konservativen.
Zudem sei vorgesehen, bei Abschiebungen statt auf vom Bund organisierte Flugzeuge zu warten, selbst aktiv zu werden und kleinere Maschinen zu nutzen. »Damit kann man die Abschiebung deutlich effektiver und zielführender organisieren«, sagte Söder. Für die Abschiebungen sollen demnach überdies bayerische Polizisten eigens geschult werden.
Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums nannte es am Montag in Berlin »im Grundsatz« positiv, wenn Länder Abschiebungen als eigene Aufgabe übernähmen. Ansonsten werde der Bund nicht Angelegenheiten der bayerischen Staatsregierung bewerten.
Die Grünen im bayerischen Landtag kritisierten die Asylpläne von Söder als »unmenschlich und nicht zukunftsgewandt«. »In den Sammelzentren sollen mehrere tausend Menschen lagerartig zusammengepfercht werden«, erklärte Fraktionschefin Katharina Schulze mit Blick auf die geplanten AnKERzentren. Integration werde durch die Isolation verhindert. Nötig seien »wirksame Integrationsmaßnahmen statt Kasernierung«, forderte die Grüne.
Der FDP-Spitzenkandidat zur bayerischen Landtagswahl im Oktober, Martin Hagen, kritisierte, dass die Landesregierung die Arbeitsverbote für Flüchtlinge nicht aufheben will. »Die Regierung sollte Hürden in den Arbeitsmarkt abbauen - das Arbeitsverbot für Flüchtlinge muss weg«, erklärte er und ergänzte: »Die CSU enthält der bayerischen Wirtschaft dringend benötigte Arbeitskräfte vor und zwingt Flüchtlinge dazu, untätig vom Sozialstaat zu leben.« Trotz ihrer Kritik an der Staatsregierung haben bislang weder die FDP noch die Grünen eine Koalition mit der CSU nach der Landtagswahl ausgeschlossen.
Derweil wurde bekannt, dass Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) neben Algerien, Marokko, Tunesien auch den Kaukasus-Staat Georgien zum »sicheren Herkunftsstaat« erklären will. Ein entsprechender Entwurf sei vor rund einer Woche zur Abstimmung an die anderen Ressorts der Bundesregierung gegangen, berichtete das ARD-Hauptstadtstudio. Die Einstufung soll vorgenommen werden, um Menschen schneller abschieben zu können. Menschenrechtsorganisationen berichteten zuletzt aber über Folter und andere Misshandlungen durch »Ordnungskräfte« sowohl im Maghreb als auch in Georgien. Agenturen/nd
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