Bremer wollen ihre Rennbahn behalten
Bürgerinitiative lehnt Pläne zur Bebauung ab
Ist die gut 160 Jahre alte Bremer Galopprennbahn mit historischer Tribüne bald Geschichte? Falls entsprechende Pläne des Bremer Senators für Umwelt, Bau und Verkehr, Joachim Lohse (Grüne), realisiert werden, wird es wohl so kommen. Ob diese Pläne umgesetzt werden, ist allerdings nicht klar. Auch nicht, ob es Gewissheit darüber geben wird, bevor Lohse mit Ende der Bremer Legislaturperiode 2019 abtritt.
Denn kaum waren die Pläne, auf dem gut 30 Hektar großen Areal mitten in der Stadt 1000 Wohnungen zu bauen, ruchbar geworden, formierte sich Widerstand aus allen Schichten. Die von Bremer Kaufleuten gegründete und betriebene Rennbahn war traditionell nicht nur gut betuchten Kaufmannsfamilien vorbehalten. Im jährlichen Renn-Reigen gab es auch regelmäßig Familientage, zum Teil mit Gratis-Eintritt. Beim traditionellen Saisonstart am Karfreitag lag das Minimum für Wetteinsätze bei nur 50 Cent.
Lohse und sein Haus gaben schon gleich zu Beginn der Rennbahn-Angelegenheit gar kein gutes Bild ab. Denn als der Projektfahrplan öffentlich wurde, stellte sich heraus, dass man einen weiteren Pächter auf der Anlage übersehen hatte - einen Golfplatzbetreiber mit einem langjährigen Vertrag für einen Teil des Geländes. Gelöst wurde das Problem mit Geld. Für fast vier Millionen Euro verzichtet der Golfklub auf seine restliche Pachtzeit, darf aber die Anlage noch bis zum geplanten Baustart im übernächsten Jahr nutzen.
Ob der Termin gehalten wird, ist offen. Schnell hatten sich Anrainer, Stadtteilbeiräte und Rennbahnliebhaber zur »Bürgerinitiative Rennbahngelände« zusammen geschlossen. Die hat gerade 5000 Unterschriften für ein Volksbegehren zum Erhalt der Rennbahn eingereicht. Unter anderem führt die Initiative an, das von Hochhausquartieren umringte Gelände sei für diese Areale die grüne Lunge.
Auf das Argument, Bremen brauche doch dringend Wohnraum, wird mit dem Verweis auf schlechte Erfahrungen mit Großwohnanlagen gekontert. Denn die Kritiker befürchten, dass die Rennbahnbebauung zusammen mit den umliegenden Häusern eine solch riesige Anlage ergibt, wie man sie vor Jahrzehnten baute. Diese konnten später erst nach längerer Rückbauphase zu lebenswerten Vierteln umgestaltet werden.
Die Bremer Linksfraktion und die der CDU unterstützen die Initiative, indem sie fordern, nur einen kleineren Teil der Rennbahn zu bebauen - mit höchstens 5000 Wohnungen. Die Einreichung der Unterschriften, deren Anzahl über der verlangten Menge für ein Volksbegehren liegt, könnte die rot-grüne Bremer Regierung in Zeitnot bringen. Denn in Bremen gibt es im kommenden Frühjahr Landtagswahlen, der Termin soll auf den der Europawahlen gelegt werden. Das Prozedere hin zu einem Volksbegehren und dann zu einem Volksentscheid, der das Ziel der Initiative ist, braucht Zeit.
Damit wird die Rennbahn sicherlich zum Wahlkampfthema. Nachdem die Unterschriften beim Landeswahlleiter zwecks Prüfung angekommen sind, bleiben dem Parlament nur zwei Monate zur Entscheidung. Verstreichen diese ohne parlamentarisches Votum, gilt der Antrag als angenommen.
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