Hitzestress im Krankenzimmer

Kliniken fehlt zumeist das Geld für die Installation von Klimaanlagen - ein Bericht aus Nordrhein-Westfalen

  • Rolf Schraa, Düsseldorf
  • Lesedauer: 3 Min.

Bei schwül-heißem Wetter wie in der vergangenen Woche schwitzen auch Tausende Krankenhauspatienten bei Temperaturen teils jenseits von 30 Grad - doch die Kliniken haben kein Geld, um Klimaanlagen in die Zimmer einzubauen. »Natürlich wäre das wünschenswert und würde die Patienten entlasten«, sagte der Sprecher der Krankenhausgesellschaft NRW (KGNW), Volker Kratz. Angesichts der riesigen Finanzlücken für Bau und Erhalt der Häuser seien zusätzliche Millionenausgaben für die Kühlung der Zimmer aber derzeit »undenkbar«.

Die Wetterlage wiederholt sich
Die Hitze kehrt nach einer kleinen Pause rasch wieder zurück. Bereits am Montag wurden in Bayern Höchstwerte bis knapp 31 Grad im Schatten gemessen. Im Laufe dieser Woche wird es dann schrittweise etwas wärmer – im Grunde wiederholt sich die Wetterlage der vergangenen Woche. Während der Nordosten in den nächsten Tagen von überwiegend hohem Luftdruck geprägt wird und meist ruhiges Sommerwetter bekommt, sorgt im Südwesten erneut ein Gewittertief für viel Unruhe. »Dabei geht die größte Gefahr von den sehr langsam ziehenden Gewitterzellen aus. Manchmal bewegt sich ein Gewitter auch gar nicht und bleibt aufgrund des schwachen Höhenwinds stationär an Ort und Stelle«, erklärte Diplom-Meteorologe Dominik Jung von Wetterdienst wetter.net. Diese Wetterlage wird wohl mindestens bis zum Wochenende andauern. Dann breiten sich die Gewitter langsam weiter Richtung Norden aus. Zunächst bleibt es weiterhin warm bis heiß, wobei sich der Schwerpunkt der Wärme immer mehr nach Norddeutschland verschiebt. Ob es dann in der nächsten Woche eine markante Abkühlung gibt, ist zunächst offen. dpa/nd

Von den 348 Krankenhäusern im Verband hätten die wenigsten Klimaanlagen in den Zimmern, sagte Kratz. Gekühlt würden dagegen teilweise Operationssäle sowie besondere Funktionsräume etwa für sterile Pflege.

NRW-weit fehlt den Krankenhäusern nach Rechnung der Krankenhausgesellschaft rund eine Milliarde Euro im Jahr - bei gut 500 Millionen Euro Investitionsetat. »Wenn der Geschäftsführer die Wahl hat zwischen einer dringend notwendigen Renovierung oder der Erneuerung der völlig veralteten Computer im Haus und einer Klimaanlage, dann fällt die Kühlung hinten runter«, sagt Kratz. Die KGNW wirft den Ländern eine deutliche Unterfinanzierung der Häuser vor. Neuinvestitionen in Krankenhäusern müssen von den Ländern finanziert werden.

Das Hitzeproblem verstärkt sich nach Meinung von Fachleuten durch den Klimawandel. Nach aktuellen Klimaprojektionen für Nordrhein-Westfalen sollen die durchschnittlichen Jahrestemperaturen bis zur Mitte dieses Jahrhunderts um 0,7 bis 1,7 Grad Celsius ansteigen, bis zum Ende des Jahrhunderts sogar um 1,5 bis 4,3 Grad Celsius. Als Folge werde es mehr besonders heiße Tage und längere Hitzeperioden in Nordrhein-Westfalen geben, warnte das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) kürzlich.

Der Berliner Klimaforscher Prof. Dieter Schwerer spricht von »Hitzestress« vor allem in Großstädten. Er führte nach einer Untersuchung für die Jahre 2001 bis 2010 fünf Prozent der Todesfälle in Berlin »mit großer Wahrscheinlichkeit« auf die erhöhten Sommertemperaturen zurück. Für NRW-Krankenhäuser gebe es aber keine Statistiken über eine mögliche höhere Patientensterblichkeit durch die Hitze, betonte Kratz.

Das Land NRW verweist auf zusätzliche Anstrengungen nach dem Regierungswechsel: Die schwarz-gelbe Regierung habe die Fördermittel schon 2017 in einem Nachtragshaushalt einmalig um 250 auf 780 Millionen Euro erhöht, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums. Für Klimaanlagen in Krankenhäusern gebe es aus hygienischen Gründen sehr hohe Anforderungen etwa zur konsequenten Wartung. Sie seien deshalb mit den weit verbreiteten Anlagen in Büros oder Hotels nicht zu vergleichen - also auch wesentlich teurer.

Die NRW-Krankenhausgesellschaft erkennt die zusätzlichen Mittel für 2017 durchaus an - 2018 seien die Extra-Gelder aber wieder auf nur 33 Millionen Euro zusammengeschmolzen, die zudem einzeln und zweckgebunden beantragt werden müssten. »Das ist - buchstäblich - ein Tropfen auf den heißen Stein«, sagt Kratz. dpa/nd

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