• Politik
  • Mitgliederentwicklung der Linkspartei

Die LINKE wird jünger und westdeutscher

Nach Jahren des Mitgliederverlusts gehen die Zahlen seit einiger Zeit wieder nach oben

  • Fabian Lambeck und Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

Jahrelang schrumpfte die Mitgliederzahl der LINKEN und vor ihr der PDS. Zählte man im Jahr 1991 noch mehr als 172 000 Genossinnen und Genossen, waren es 2005 nur noch etwas mehr als 61 000. Der Vereinigung mit der WASG brachte ein zwischenzeitliches Hoch auf rund 79 000 im Jahre 2009. Doch nachdem die Anfangseuphorie über die neue Linkspartei verflogen war und die Landesverbände ihre Mitgliederlisten um Karteileichen bereinigt hatten, erreichte die Partei 2016 einen neuen Tiefststand. Nicht einmal mehr 59 000 Menschen verfügten über ein Parteibuch der LINKEN.

Doch die Statistik täuschte. Denn die Partei verzeichnete in jenem Jahr, in dem Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen triumphierte, so viele Eintritte wie zuletzt 2009. Der Aufstieg der Rechtspopulisten in Übersee und in Europa bescherte den Parteien des Mitte-links-Spektrums in Deutschland Zuwächse. Auch 2017 hielt dieser Trend auch in der LINKEN an und verstärkte sich sogar. Im Karl-Liebknecht-Haus registrierte man mehr als 8500 Neueintritte. Mittlerweile zählt die Linkspartei 62 339 Mitglieder.

Doch wer sind diese Neumitglieder und was treibt sie an? »Wir gewinnen neue Mitglieder eher in Ballungsräumen«, heißt es dazu in einem Papier der Bundesgeschäftsstelle, das »nd« vorliegt. Demnach sind zwei Drittel der neuen Mitglieder 35 Jahre alt oder jünger. Die Partei wird aber nicht nur jünger, sondern auch westdeutscher. Denn 72 Prozent der Neueintritte erfolgten im Westen, 15 Prozent in den ostdeutschen Flächenländern und 13 Prozent in Berlin. Dementsprechend konträr sind die Entwicklungen in beiden Landesteilen. Während die LINKE im Osten im vergangenen Jahr auf 26 223 Mitglieder schrumpfte, legte sie in den alten Bundsländern deutlich zu - auf nun 28 096 Mitglieder.

Da viele der knapp 8000 Berliner Genossinnen und Genossen ihren Verband im Ostteil der Stadt haben, dürften die Ossis noch leicht in der Überzahl sein. Doch das wird wohl nicht mehr lange so sein. Ein Blick auf die Altersstruktur der Landesverbände zeigt, mit welchen Entwicklungen zu rechnen ist. In Mecklenburg-Vorpommern etwa sind 44 Prozent der Mitglieder 76 Jahre alt oder älter. Ähnlich sieht es in Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Thüringen und Sachsen aus. Dagegen gehören in Nordrhein-Westfalen nur etwa drei Prozent der LINKEN dieser Alterskohorte an.

Lässt sich daraus also die Schlussfolgerung ziehen, dass die Alten im Osten und die Jungen im Westen dominieren? Man sollte hier zumindest differenzieren. In Sachsen etwa wächst die Linkspartei ebenfalls, vor allem in den Metropolen wie Leipzig. Zudem kann die Partei auf ihre alten Genossinnen und Genossen im Osten nicht verzichten. Sie zahlen nämlich die höchsten Beiträge.

Die Ost-West-Unterschiede verschwimmen immerhin teilweise. So gibt es in der Partei zahlreiche Grenzgänger wie die Bundestagsabgeordneten Jan Korte, Caren Lay oder Martina Renner, die als Westdeutsche ihren Wahlkreis im Osten haben. Auf der anderen Seite sind die gebürtigen Ostdeutschen Sahra Wagenknecht, Thomas Lutze und Simone Barrientos in westdeutschen Landesverbänden verankert.

Die Parteivorsitzende Katja Kipping sieht die »vielen jungen Neumitglieder als eine wahrhaftige Bereicherung für den parteiinternen Diskurs«. Auch die Erfahrung der Mitglieder im Osten bezeichnet sie als »wertvoll«. »Unsere Partei war in dem Sinne schon immer ein Gesellschaftsentwurf im Kleinen, wie das gemeinsame Lernen Ost-West funktionieren kann. Die LINKE ist und bleibt die Stimme des Ostens«, so Kipping.

Nach Angaben des Vorstands ist das Milieu der Neumitglieder oftmals akademisch und links beziehungsweise linksgrün geprägt. Arbeiter und Erwerbslose sind unterrepräsentiert. Nur 20 Prozent der berufstätigen Menschen, die vergangenes Jahr über das Internet in die LINKE eingetreten waren, arbeiten in Produktionsberufen. 8,5 Prozent aller Neumitglieder gaben an, erwerbslos zu sein beziehungsweise Hartz IV zu beziehen.

Diese Zahlen dürften die Debatten darüber befeuern, welche Milieus die LINKE derzeit anspricht. Denn die bundesweit positive Bilanz beim Gewinn von neuen Wählern und Mitgliedern kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Partei zugleich in vielen Gegenden des ländlichen Raums und bei sozial Abgehängten an Zuspruch verloren hat.

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