Der Sieger heißt: Kim

Trump weist an, die gemeinsame Erklärung mit Nordkoreas Staatschef umzusetzen

  • Finn Mayer-Kuckuk, Singapur
  • Lesedauer: 4 Min.

Während sich Donald Trump den Fragen der Medien stellte, ließ Kim Jong Un sich bejubeln. Der Umgang mit der Presse mag dem Diktator fremd sein. Aber Massen, die ihm begeistert zuwinken - das ist ihm von zu Hause vertraut. Vielleicht hat er nicht erwartet, so etwas auch im fernen Singapur vorzufinden. Doch als er am Hotel St Regis aus der Limousine stieg, brachen die Schaulustigen in Hochrufe aus. Kim grinste breit und winkte staatsmännisch zurück.

Kim, der Sieger. Auch wenn Trump sich am Dienstag als großer Macher darstellte, hat sein nordkoreanischer Kontrahent nach Ansicht von Experten das bessere Geschäft gemacht. »Die gemeinsame Erklärung enthielt noch weniger konkrete Details als die Erklärung von Panmunjom in der vergangenen Woche«, sagt Ben Forney vom Asan Institute for Policy Studies in Seoul. Zwar erklärte sich Kim zur »vollständigen Denuklearisierung« bereit. »Doch es fehlen überprüfbare Kriterien dafür.« Die Erklärung bringe keine der beiden Seiten verlässlich auf den Weg der Deeskalation.

Stattdessen konnte Kim sich als wichtiger Führer bestätigt fühlen. Trump behandelte ihn mit größtem Respekt. Überhaupt gaben beide sich den ganzen Tag über besonders staatsmännisch. Sie gingen gemessenen Schrittes, lächelten, schüttelten Hände, machten wohlgesetzte Äußerungen.

Zugleich war den beiden Gesprächspartnern die gegenseitige Sympathie anzusehen. Der Handschlag fiel kräftig aus, aber nicht dominant - so, wie Trump es mag. Tatsächlich scheint Kim dem US-Präsidenten hinter verschlossenen Türen mächtig geschmeichelt zu haben. Denn Trump lobte ihn hinterher über den grünen Klee. Es sei bemerkenswert, wie gut Kim sein Land regiere - und das, obwohl er schon in so jungen Jahren die Macht übernehmen musste. Kim sei »unglaublich talentiert«, eine »bemerkenswerte Persönlichkeit«, ein »ganz besonderer junger Mann«. So etwas sagt Trump über Leute, die er zwar nicht für schwach hält, die ihm aber auch nicht widersprechen und seine Fähigkeiten nicht infrage stellen.

Nach dem Gipfel trat Donald Trump vor die Medien und leitete mit Elan eine Pressekonferenz, bei der er eine Reihe der für ihn typischen Äußerungen zum Besten gab. Der 71-Jährige sagte, er habe 25 Stunden lang nicht geschlafen und stattdessen ohne Pause verhandelt. Trump zeigte sich rundum zufrieden mit seiner Leistung als Verhandlungsführer. »Wir haben einen sehr intensiven halben Tag miteinander verbracht und fantastische Ergebnisse erzielt.« Seine Leistung gehe weit über das hinaus, was andere Präsidenten vor ihm mit Nordkorea erreicht haben.

Experten widersprechen hier. Bereits 1993 und danach noch mehrfach haben Kims Vater und Großvater ähnliche Vereinbarungen unterschrieben. Sie haben sie stets wieder gebrochen. Deshalb wollten Trumps Vorgänger George Bush und Barack Obama den Nordkoreanern keine Zugeständnisse machen, ohne dass sie konkret in Vorleistung gehen. Hier sieht Forney ein großes Defizit des Gipfels. Trump hat von Kim bisher nur ein Versprechen bekommen. Er habe sich dafür leichtfertig bereit erklärt, gemeinsame Militärmanöver mit Südkorea aufzugeben. Forney sieht hier ein Zugeständnis, das Trump teurer hätte verkaufen sollen.

Für Kim dagegen ging dagegen ein Traum in Erfüllung, den schon sein Vater hegte: auf der Weltbühne als mächtiger Herrscher ernst genommen zu werden. Er begegnet dem mächtigsten Mann der Welt auf Augenhöhe. Tatsächlich erhöhen die Fotos von den lächelnden Staatsmännern Kims politische Statur enorm - auch im Inland. Nordkoreas Medien haben auf Anweisung Kims bereits am Dienstag umfangreich über die Reise ihres »geliebten, respektierten Führers« berichtet. Die »Arbeiterzeitung« brachte auf der Titelseite eine lange Reihe von Farbbildern mit Kim beim Besuchsprogramm in der Wirtschaftsmetropole Singapur mit Wolkenkratzern im Hintergrund. Es scheint fast, als ob Kims Atomprogramm nur das Mittel gewesen sei, um an diesem Punkt in seinem Leben zu kommen.

Noch während der Gipfel lief, meldeten sich auch die betroffenen Nachbarländer mit Zustimmung in verschiedenen Tonlagen. Japan begrüßte die Erklärung, bezeichnete sie aber allenfalls als »einen guten Anfang«. China lobte beide Seiten dafür, genau die Übereinkunft gefunden zu haben, die Peking sich gewünscht habe. Tatsächlich schmelzen die Handelsbeschränkungen bereits: China deutet an, jetzt wo es einen Friedensprozess gebe, könne es ja wieder die Grenzen öffnen.

Im weiteren Verlauf werden sich nun Unterhändler beider Seiten treffen, um die gemeinsame Erklärung der beiden Bosse mit Leben zu füllen. Trump kündigte nun bereits an, dass sein Sicherheitsberater John Bolton und Außenminister Mike Pompeo die Gespräche jetzt fortsetzen. »Dieser Gipfel war nicht das Ende eines Abrüstungsprozesses, sondern allenfalls ein Anfang«, sagt Forney.

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