Schwerguthafen oder Wohnungen

In Bremen drängt die CDU den rot-grünen Senat, ein neues Stadtviertel zu bauen

  • A. Cäcilie Bachmann, Bremen
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Bau eines Siedlungsgebietes für 15.000 Menschen auf einem innerstädtisch gelegenen Hafengelände ist für Teile der oppositionellen Bremer CDU »ein hervorragender Impuls für innovative Stadtentwicklung«. Anders die Parteien der Regierungskoalition: Die hansestädtische SPD sah darin zunächst eine Schnapsidee, die Grünen reagierten mit Kopfschütteln. Doch auch aus dem wirtschaftspolitischen Flügel der CDU gab es harsche Kritik. Fraktionschef Thomas Röwekamp und der finanzpolitische Sprecher der Bremer CDU-Fraktion, Jens Eckhoff, lassen aber nicht locker. Und tatsächlich braucht Bremen dringend Wohnraum.

Zunächst war den Befürwortern von der CDU ein peinlicher Fehler unterlaufen, indem sie meinten, die etwa 100 Hektar große Hafenfläche, die zum Stadtteil Mitte gehört, werde kaum genutzt. Das rief die Bremer Handelskammer und Bremens Senator für Arbeit, Wirtschaft und Häfen, Martin Günthner (SPD) auf den Plan. Er ließ klarstellen, dass der auf der linken Weserseite in der Bremer Neustadt gelegene Hafen mitnichten weitgehend ungenutzt daliege.

Viel zu wenig
Für die Wohnungsnot in vielen deutschen Städten ist vorerst keine Linderung in Sicht. Zwar wurden laut Statistischem Bundesamt 2017 fast 285 000 Wohnungen errichtet, 2,6 Prozent mehr als 2016 und so viele wie zu Beginn des Jahrtausends (2002) nicht. Doch um die Nachfrage zu decken, sind nach Ansicht von Politik und Bauwirtschaft weit mehr nötig: Sie veranschlagen dafür jährlich 350.000 bis 400.000 neue Wohnungen. dpa/nd

Es handelt sich dabei um Bremens Schwerguthafen, in dem alles Riesige und Schwere, das nicht in einen Container passt, verladen wird. Es gibt zudem vier Hektar Montage-Fläche, die den Hafen laut Logistikern zunehmend attraktiv macht. Mit Blick auf die sehr guten Entwicklungs- und Wachstumsprognosen in der Schwergut- und Projekt-Logistik wird von einer Nutzungserweiterung der Häfen ausgegangen. Demnach werden sie zunehmend auch als moderne Werkbank fungieren, wo riesige Ladungsteile montiert oder demontiert werden können.

Den Kritikern der Siedlungsidee spielte auch die Tatsache in die Hände, dass kürzlich auf dem Hafenareal Europas größte Messe für Projektladung und Schwergut - »Breakbulk« - stattfand. Günthner zog eine positive Bilanz und konnte vermelden, die Messe sei auch für das kommende Jahr akquiriert worden.

Röwekamp und Eckhoff hatten derweil Kontakte zu Architekturbüros aufgenommen, die sich schon mal Gedanken über einen neuen Wohn-Stadtteil auf dem Gelände des Neustädter Hafens machen sollten. Was dabei herausgekommen ist, wird nun in einer kleinen Ausstellung gezeigt, begleitet von Vorträgen und Diskussion mit den Initiatoren und Architekten. Der zwischenzeitliche Aufschrei, der Neustädter Hafen sei unentbehrlich für Bremen, das auf die ersten Plätze im europäischen Ranking der Schwerguthäfen schielt, wurde von Röwekamp und Eckhoff abgetan. Es gebe schließlich das Projekt eines neuen Offshore-Hafens (OTB) in Bremerhaven für die Montage und Verschiffung von Produktionen aus der Windenergieindustrie.

Bremerhaven ist Teil des Zwei-Städte-Staats Freie Hansestadt Bremen und liegt 60 Kilometer entfernt von der Stadt Bremen, direkt an der Wesermündung in die Nordsee. Der dort vorgesehene OTB wird aber wohl nicht realisierbar sein. Denn erstens ist die jahrelang große Szene der Offshore-Firmen in der Seestadt stark geschrumpft, die dortige Windenergiebranche steckt in der Krise. Und zweitens hängt ein Verfahren über die Rechtmäßigkeit des OTB vor dem Bremer Oberlandesgericht bereits seit Jahren fest. Zudem haben Umweltschützer angekündigt, gegen den Hafenplan durch alle Instanzen zu ziehen.

Für den aus Bremerhaven stammenden Röwekamp wäre es nichtsdestotrotz die ideale Lösung für die wirtschaftlichen Probleme der Stadt, wenn dort anstelle des OTB ein neuer Schwerguthafen und damit Arbeitsplätze entstehen würden. Gegenwind auch in dieser Hinsicht kam jedoch prompt aus verschiedenen politischen Richtungen. Das stärkste Argument war der Hinweis, dass dieselben Punkte, die gegen den OTB sprechen, auch für jedes andere Hafenprojekt an jener Stelle zutreffen.

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