Handtuchwurf unter Vorbehalt

Grüne in Halle kündigen Bündnis mit LINKE und SPD für die OB-Wahl 2019 auf - vorerst

  • Hendrik Lasch, Halle
  • Lesedauer: 3 Min.

Sechs Abweichler im Stadtrat haben die gemeinsame Kampagne von LINKE, SPD und Grünen für die Wahl des Oberbürgermeisters 2019 in Halle vorerst torpediert. Ihre fehlenden Stimmen sorgten vorige Woche dafür, dass der grüne Landespolitiker Wolfgang Aldag bei der Wahl des neuen Beigeordneten für Stadtentwicklung überraschend unterlag. Die Enttäuschung bei den Grünen sitzt tief. Nach einer Mitgliederversammlung erklärte der Stadtverband, man sehe »derzeit keine Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit SPD und LINKEN«. Melanie Ranft, die Vorsitzende des Stadtverbandes, sagte dem »nd«: »Wir wurden hintergangen. Das muss Konsequenzen haben.«

Die drei Parteien hatten sich im Januar darauf geeinigt, einen gemeinsamen Bewerber für die OB-Wahl zu unterstützen, die für Herbst 2019 ansteht - wenige Monate nach der Kommunalwahl in Sachsen-Anhalt, bei der auch der Stadtrat Halle neu gewählt wird. Als Kandidat wurde Hendrik Lange erkoren, der für die LINKE im Landtag sitzt, Vorsitzender des Stadtrats ist und als sehr kooperativ gilt. Ihm werden gute Chancen eingeräumt, gegen den parteilosen Amtsinhaber Bernd Wiegand in die Stichwahl zu gelangen - zumal lange offen war, wen die CDU ins Rennen schickt. Deren Bewerber schaffte es zuletzt ins Duell mit Wiegand. Mittlerweile gilt als sicher, dass die CDU Andreas Silbersack unterstützt, Chef des Landessportbundes und FDP-Mitglied.

Wohl kein Ausstieg aus »Kenia«

Aus dem lokalen R2G-Projekt stiegen die Grünen in Halle aus; die »Kenia«-Koalition mit CDU und SPD auf Landesebene werden sie beim Landesparteitag am Samstag in Halle aber wohl bestätigen – obwohl auch sie durch die Nichtwahl eines Grünen belastet ist.

Im Landtag scheiterte Niels Leopold als Landesbeauftragter für den Datenschutz – mutmaßlich aufgrund von Störfeuer aus der CDU. Bei früheren vergleichbaren Anlässen drohte die Ökopartei mit Ausstieg. Auf dem Parteitag am Samstag wird erneut über die Zukunft von »Kenia« debattiert. Landeschefin Susan Sziborra Seidlitz glaubt aber, die Koalition werde halten: Von außen, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa, sehe diese »holpriger aus, als sie ist«. hla

An der Basis war der rot-rot-grüne Schulterschluss zunächst auf viel Zustimmung gestoßen. Erste echte Nagelprobe für das Bündnis, das auf einen offiziellen »Trauschein« in Form einer schriftlichen Vereinbarung verzichtet, war indes die Beigeordnetenwahl - auch wenn eine formale Kooperation im Stadtrat nicht vereinbart ist. Sie schien reine Formsache: Schließlich verfügen die drei Parteien im Stadtrat zusammen über 31 Sitze. In einem zweiten Wahlgang stimmten aber nur 25 Stadträte für Aldag, 26 für seinen Gegner - womit er gescheitert war.

Über Gründe für die Stimmverweigerung wird bei den Grünen mangels greifbarer Aussagen weiter spekuliert; auch wo man die Quertreiber suchen solle, sei unklar, sagt Ranft. Der Effekt sei aber: »Das Vertrauen ist zerstört.« Es habe sich gezeigt, dass gegenseitige Unterstützung im Stadtrat im Moment »nicht ausreichend vorhanden« ist, heißt es in einer Mitteilung der Stadtpartei. Die Konkurrenz frohlockt. »Das Schlimmste in Beziehungen ist enttäuschte Liebe«, schrieb Marco Tullner, CDU-Stadtchef und Bildungsminister in Sachsen-Anhalt, im sozialen Netzwerk Twitter - oder, wie er anfügte, »zumindest die Inszenierung davon«. Ob indes, wie er nach der Pleite bei der Beigeordnetenwahl sagte, nun wirklich der »Linksblock in Trümmern« liegt, ist offen. Immerhin lassen die Grünen eine Hintertür.

Man sehe eine rot-rot-grüne Zusammenarbeit im Stadtrat weiterhin als »beste politische Alternative« für die Stadt, heißt es in der Erklärung. Auch der Beschluss zur Unterstützung Langes als OB-Kandidat sei nicht aufgehoben worden, betont Ranft: »Wir haben kein Interesse, nun alles hinzuschmeißen.« Ob und wie aktiv die Grünen ihn im Wahlkampf unterstützen, hänge davon ab, ob »glaubwürdige inhaltliche Signale« von den anderen Parteien ausgesandt würden. Welche das sind und in welcher Form sie übermittelt werden müssten, habe man auf der Versammlung nicht entscheiden wollen, sagte Ranft: »Die anderen sind am Zug.« Eine indirekte Frist aber setzt sie: Klarheit müsse spätestens bis zum Beginn der Verhandlungen über den städtischen Haushalt herrschen. Dann geht es darum, ob Rot-Rot-Grün in der Sache noch zueinander findet.

Lange nannte das Festhalten an der gemeinsamen Kandidatur »ein wichtiges Signal«. Man müsse nun »verloren gegangenes Vertrauen wieder aufbauen«. Der OB-Kandidat hat die Partei- und Fraktionschefs dazu zu einem Gespräch in naher Zukunft eingeladen, teilte er am Donnerstag mit.

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