Unfrei, ungleich, ungerecht

Bei den türkischen Wahlen am Sonntag geht es um mehr als Präsident und Parlament

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Berlin. Tamam ist türkisch und heißt so viel wie: Fertig, es reicht! Für Zehntausende Menschen in der Türkei war Tamam in den vergangenen Wochen ein Slogan, um zu sagen: Es reicht mit der seit 16 Jahren regierenden AKP, es reicht mit Recep Tayyip Erdoğans Herrschaft. Vor etwas mehr als einem Jahr versammelte sich die türkische Opposition noch unter der Forderung Hayir (Nein) und warb so darum, beim Verfassungsreferendum über die Einführung einer Präsidialdiktatur mit Nein zu stimmen. Sie verlor knapp. Und deshalb geht es bei den vorgezogenen, gleichzeitig stattfindenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am Sonntag um mehr als nur Präsident und Parlament: Mit den Wahlen soll der Schritt zur Einführung des Präsidialsystems vollzogen werden - einen letzten Aufschub könnte es dann geben, wenn die Präsidentschaftsentscheidung in die Stichwahl geht.

Es seien die »unfreiesten, ungleichsten und ungerechtesten Wahlen, die jemals in der Geschichte des Landes stattgefunden haben«, sagt der Abgeordnete der Linkspartei HDP, Ertuğrul Kürkçü, im nd-Interview - das will etwas heißen in der Türkei, wo es um die Demokratie noch nie sehr gut bestellt war. Die sich in Umfragen durchaus bemerkbar machende Wechselstimmung veranlasste das Regierungslager umso mehr, den Wahlkampf der Opposition zu erschweren. Die befürchtet Wahlfälschungen im großen Stil, vorbereitet durch ein neues Wahlgesetz, das noch kurz vor Verkündung der Neuwahlen - eigentlich sollte der Urnengang erst im Herbst 2019 stattfinden - verabschiedet wurde. Und zur Not lässt Erdoğan noch einmal wählen. Wie schon 2015, als das Ergebnis nicht passte. Viele wünschen sich einen Neuanfang, die Opposition ist gut aufgestellt. Doch die AKP wird - soviel ist sicher - das Land nicht ohne Weiteres aus ihrem eisernen Griff entlassen. net Seiten 2 und 3

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