Dragnea soll in Haft
Rumänien: Kampf um den Rechtsstaat verschärft sich
Zumindest seine Statthalterin auf Rumäniens Regierungsbank hält zum bedrängten Parteichef. Alle, die den Abtritt von Liviu Dragnea als Parlamentsvorsitzenden forderten, würden wegen Missachtung der Unschuldsvermutung »gegen die Verfassung verstoßen«, wettert Ministerpräsidentin. Viorica Dancila. Die noch nicht rechtskräftige Verurteilung des Vorsitzenden der Sozialdemokraten (PSD) zu dreieinhalb Jahren Haft wegen Amtsmissbrauchs wertet sie als Beweis für die »Willkür« der Justiz: »Ich glaube fest an seine Unschuld und versichere ihm meine volle Unterstützung an der Spitze des Parlaments und der Partei.«
Es läuft nicht gut für Rumäniens allgewaltigen Strippenzieher. Seit die von ihm geführte PSD Anfang 2017 wieder auf die Regierungsbank rutschte, müht sich der bereits wegen Wahlmanipulationen 2016 zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilte Dragnea, die lästige Justiz an die kurze Leine zu nehmen und die unbequeme Sonderstaatsanwaltschaft für Korruption (DNA) zu behindern. Doch in seinem Streben, der Haft zu entgehen, hat er bislang vor allem Dauerturbulenzen im Karpatenstaat, Ärger mit der EU und zunehmende Verwerfungen in der eigenen Partei ausgelöst. Die erneute Verurteilung dürfte den Kampf um Rumäniens Rechtsstaat noch verschärfen.
Erneut zogen nach der Verkündung des Urteils am Donnerstagabend Tausende Demonstranten in allen Großstädten des Landes durch die Straßen, um Dragneas sofortigen Rücktritt als Parlaments- und Parteivorsitzender zu fordern. Zum Abtritt forderten ihn auch Ex-Präsident Traian Basescu, Ex-Premier Dacian Ciolos und der frühere PSD-Chef Victor Ponta auf. Vor allem der von Dragnea als »Ratte« verunglimpfte Ponta hat seinem Nachfolger mit der Gründung der neuen Linkspartei Pro Romania in den letzten Wochen gehörig Ärger beschert. Da bereits ein Dutzend PSD-Überläufer bei Ponta angeheuert hat, ist die einst satte Mehrheit der von der PSD geführten Koalition merklich geschrumpft. Den von der Opposition für nächste Woche eingebrachten Misstrauensantrag hat die von Dragnea im Hintergrund gesteuerte Regierung auch dank drei neu angeworbener Überläufer von Basescus zerfallender Partidul Miscarea Populară (PMP) aber kaum zu fürchten. Mehr Probleme könnte ihm die wachsende Zahl seiner parteiinternen Kritiker bereiten. Erbitterte Feinde in der eigenen Partei hat sich der 55-Jährige auch durch den zweimaligen Austausch der von ihm installierten Regierungen innerhalb eines Jahres geschaffen.
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