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  • Festival »Jamel rockt den Förster«

Wenn der rechte Nachbar die Wiese pachtet

Gemeinde Gägelow überlässt Gelände in der Dorfmitte von Jamel Neonazi zur Nutzung

  • Ulrike Kumpe
  • Lesedauer: 4 Min.

In knapp zwei Monaten findet in Jamel das jährliche Festival »Jamel rockt den Förster« statt. Wie immer soll eine Wiese in der Dorfmitte Veranstaltungsort für das antirassistische Event sein. Doch wie nun bekannt wurde, ist die ausgerechnet an ein Ehepaar verpachtet worden, das der örtlichen Neonazigemeinde »Dorfgemeinschaft Jamel« angehört.

Diese feierte am vergangenen Wochenende die Sommersonnenwende. Die Planung des Polizeieinsatzes dazu förderte zutage, dass die Gemeinde Gägelow in Mecklenburg-Vorpommern bereits im Februar in einer nichtöffentlichen Hauptausschusssitzung das Nutzungsrecht für die Wiese besagtem Ehepaar auf unbestimmte Zeit zusprach. Dies berichtete der Informationsdienst »blick nach rechts«.

Birgit und Horst Lohmeyer richten das Festival für Demokratie und Toleranz »Jamel rockt den Förster« seit mehr als zehn Jahren aus. Sie erwarten etwa 1200 Besucher sowie 200 bis 300 Helfer und Musiker. 2004 zog das Paar von Hamburg nach Jamel. Seither wehrt es sich gegen die rechtsradikale »Dorfgemeinschaft Jamel«. Für ihr Engagement wurden die Lohmeyers mehrfach ausgezeichnet. Doch viel geändert hat sich dadurch nicht.

Das 37-Einwohner-Dorf im Landkreis Nordwestmecklenburg zwischen Grevesmühlen und Wismar wird immer noch von Neonazis um den bekannten und mehrfach vorbestraften Sven Krüger dominiert. Bereits 2007 erklärte der damals neue Bürgermeister Uwe Wandel gegenüber »Spiegel Online«, man habe Jamel aufgegeben. Keine Bank war bereit, Kredite für Bauvorhaben in dem Ort bereitzustellen und auch die Unterstützung durch den Landkreis und das Land im Jahr 2011 konnte nicht umgesetzt werden. 2015 brannte die Scheune der Lohmeyers vollständig nieder. Es wurde Brandstiftung dahinter vermutet, da es nicht das erste Haus im Ort war, das einem Feuer zum Opfer fiel. Neben den Bauvorhaben blieb auch die von Landtagsabgeordneten versprochene »Gesamtstrategie gegen Rechts« aus.

Mit der Verpachtung der Dorfmitte an Mitglieder der rechtsradikalen »Dorfgemeinschaft Jamel« hat die Gemeindevertretung ihnen nun auch den öffentlichen Raum des Dorfes überlassen. »Es ist ein riesiger Skandal, der sich einreiht in die besorgniserregende Entwicklung in unserer Gemeinde der vergangenen Jahre«, sagen die Lohmeyers zur aktuellen Situation.

Darüber hinaus sei die Lösung der Gemeinde keine. Der Pachtvertrag, der der »Ostseezeitung« (OZ) vorliegt, enthält eine Klausel, dass der Pächter die Wiese für das Festival bereitzustellen habe. Die Lohmeyers halten es indes für wahrscheinlicher, dass der Pächter sich über die Pachtbedingung hinwegsetzt und geben zu bedenken, dass »die Gemeinde dann eine einstweilige Verfügung erwirken müsste – was höchst unwahrscheinlich ist, da sie das Festival ja laut ihrer öffentlich dokumentierten Aussagen nicht in Jamel haben wollen.« Uwe Wandel, seit 11 Jahren ehrenamtlicher und parteiloser Bürgermeister der Gemeinde, sagte gegenüber »nd«, er garantiere zu hundert Prozent, dass die Wiese für das Festival »Jamel rockt den Förster« zur Verfügung stehe.

Eine weitere zuständige Vertreterin ist neben Bürgermeister Uwe Wandel auch Simone Oldenburg, Vorsitzende der Linksfraktion im Schweriner Landtag und 2. Bürgermeisterin der Gemeinde. Gegenüber »nd« betont sie: »Ich habe mich dafür eingesetzt, dass der Pachtvertrag fristgerecht gekündigt wird. Dies wird voraussichtlich geschehen.« Für die Lohmeyers ist das Verhalten hoch gefährlich: »Die politische Dimension dieser Vorgänge wird anscheinend, entgegen deren Aussage, von den Gemeindevertetern (LINKE, Freie Wähler und SPD) völlig verkannt und das Bestreben der demokratischen Kräfte dadurch konterkariert.«

Trotz allem wünschen sich die Lohmeyers die Zusammenarbeit aller demokratischen Kräfte beim Kampf gegen rechtsradikale und rechtspopulistische Kräfte: »Da sehen wir auch die Gemeindevertreter von Gägelow in der Pflicht. Schließlich gehören sie alle demokratischen Parteien an und sollten im Kampf gegen Rechts Engagement beweisen.«

Wandel kennt das Problem und hat sich, seit er das Amt des Bürgermeisters inne hat immer wieder öffentlich zu Vorhaben und Lage in Jamel geäußert. Gegenüber »nd« sagt er: »Die Situation mag von außen einfach sein, aber im täglichen Umgang ist sie sehr viel komplizierter.« In Jamel gäbe es schließlich nicht nur Neonazis, nicht alle hätten die Möglichkeit gehabt von dort wegzuziehen. Sie mussten sich mit den Neonazis arrangieren. Wichtig wäre auch die Frage, ob es den Gemeindevertretern zustehe bei jeder Verpachtung und jedem Kauf erst einmal eine Gesinnungsprüfung zu machen, erläutert Wandel ein weiteres Problem im Gespräch mit »nd«. Dennoch habe man sich selbstverständlich Gedanken gemacht, ob und an wen und in welcher Form das Grundstück verpachtet werde. Simone Oldenburg, die sich bei der Abstimmung im Februar enthalten hatte, findet: »Die Gemeinde wird mit dem Problem weitestgehend allein gelassen.«

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