OPCW vor der Spaltung

Streit in der Organisation zum Verbot von Chemiewaffen

  • Jo Biddle, Den Haag
  • Lesedauer: 2 Min.

Künftig darf die Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) die Urheber von Chemiewaffenangriffen benennen, wie die britische Delegation am Mittwoch über den Kurzmitteilungsdienst Twitter bekannt gab. Bei einer Konferenz in Den Haag stimmten 82 Staaten für die Ausweitung der OPCW-Befugnisse, 24 votierten dagegen, darunter Russland. Die OPCW überwacht die Umsetzung der Chemiewaffenkonvention. Sie war bislang darauf beschränkt zu bestimmen, ob chemische Substanzen als Waffe eingesetzt wurden. Schon dabei wurde sie mit Vorwürfen der Voreingenommenheit konfrontiert.

Bundesaußenminister Heiko Maas begrüßte den Beschluss. »Wir haben heute ein wichtiges Signal gesendet: Wer Chemiewaffen einsetzt, muss identifiziert und dafür zur Rechenschaft gezogen werden«, erklärte er. Die OPCW sei jetzt gestärkt worden.

Großbritannien hatte den Antrag eingebracht. Der britische Außenminister Boris Johnson erklärte, nach den jüngsten Chemiewaffen-Einsätzen in der britischen Stadt »Salisbury, in Syrien und anderswo ist es eine großartige Nachricht, dass so viele unserer Freunde das Vereinigte Königreich heute unterstützt haben«.

Die britischen Behörden behaupten, dass bei dem Anschlag in Salisbury auf den russischen Doppelagenten Sergej Skripal ein Nervengift aus sowjetischer Produktion zum Einsatz kam. London macht Moskau für den Giftanschlag vom 4. März verantwortlich. Moskau weist die Anschuldigungen strikt zurück.

Russlands Botschafter in den Niederlanden schloss einen Rückzug aus der Organisation nicht aus. Insbesondere sein Land und Syrien waren gegen den Antrag zur Mandatsausweitung aufgetreten. Moskau erkenne die »Legitimation des neuen Mechanismus bei der OPCW« nicht an, sagte auch Vize-Außenminister Sergej Rjabkow am Donnerstag laut russischen Agenturberichten. Russland werde »ernsthafte Schlussfolgerungen« aus den jüngsten Entwicklungen ziehen.

Der britischen Delegation zufolge stimmte die Konferenz zu, dass das OPCW-Sekretariat Vorbereitungen treffen solle, die »Urheber von Chemiewaffeneinsätzen in der Syrischen Arabischen Republik zu identifizieren«. In Kürze will die OPCW einen Bericht zu einem mutmaßlichen Chemiewaffenangriff in der syrischen Stadt Duma vom April vorlegen. Rettungskräften zufolge wurden bei dem Angriff in Duma 40 Menschen getötet; sie machten die Regierung in Damaskus verantwortlich. Russland und Syrien hatten den Vorwurf, dass sie Chemiewaffen eingesetzt hätten, zurückgewiesen.

Änderungsanträge anderer Staaten wie Belarus, Iran und Kasachstan wurden nicht angenommen. China und Russland zogen daraufhin eigene Änderungsanträge wieder zurück. Russland hatte Großbritannien schon vor der Abstimmung vorgeworfen, »seine Verbündeten zu manipulieren«. AFP Kommentar Seite 4

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