Nur wenn das Haus ganz verschwindet, zahlt die Versicherung

Thüringen: Nach mehreren Erdfällen in Tiefenort seit 2002 warten die Betroffenen noch immer auf Entschädigung - jetzt gibt es Hoffnung

  • Lesedauer: 2 Min.

Erfurt. Mehr als 16 Jahre nach dem Erdfall von Tiefenort im thüringischen Wartburgkreis können die betroffenen Familien auf eine Entschädigung für den Verlust ihrer Häuser und Grundstücke hoffen. Über die Sommermonate hinweg sollen in der Thüringer Staatskanzlei die letzten nötigen Gespräche geführt werden, um Zahlungen an die Familien zu leisten, sagte die Landtagsabgeordnete Anja Müller (LINKE) der dpa.

Müller kommt aus der Region und setzt sich seit Jahren für die Betroffenen des Erdfalls ein. Ziel sei es, die Gespräche bis Ende des Jahres abzuschließen. Die Familien könnten »auf eine Entschädigung hoffen, die den Namen Entschädigung auch verdient«, sagte sie.

In Tiefenort hatte sich im Januar 2002 plötzlich im Hof und Garten eines Wohnhauses ein großes Loch aufgetan. In den Folgejahren kam es zu mehreren Nachbrüchen, die schwersten ereigneten sich im Jahr 2010. Durch das Auswaschen salzhaltiger Schichten haben sich im Untergrund der Bergbauregion Hohlräume gebildet. Fünf Familien haben dadurch bisher ihr Zuhause verloren. Der Landkreis hat inzwischen dauerhaftes Nutzungsverbot für ihre Immobilien ausgesprochen.

Nach Angaben von betroffenen Familien scheiterte ihre Entschädigung durch Versicherungen allerdings daran, dass die Häuser nicht im Erdloch verschwanden. Nur wenn die Häuser nicht mehr an der Erdoberfläche vorhandenen gewesen wären, hätten die Versicherungen gezahlt, hieß es.

Ein Sprecher der Thüringer Staatskanzlei wollte die Darstellung Müllers weder bestätigen noch dementieren. Es liefen derzeit zu dem Thema noch Abstimmungsprozesse in der Regierungszentrale, sagte er. »Wir arbeiten an einer Lösung.«

Die Kommune plant nach Angaben von Müller nach einer Entschädigung der betroffenen Familien durch das Land, deren Häuser und Grundstücke zu einem Preis von jeweils einem Euro zu erwerben. Anschließend sollen die Häuser abgerissen werden und auf dem Areal zum Beispiel eine Streuobstwiese entstehen. Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) sagte, aus seiner Sicht stehe einer Genehmigung dieser Idee durch die Kommunalaufsicht nichts im Wege. dpa/nd

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