Schallschutz auch für kleine Küchen
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) hat in drei Verfahren die Flughafengesellschaft FBB verpflichtet, in den Eigenheimen der Kläger die Wohnküchen, eine Diele und einen Wintergarten in das Schallschutzprogramm für Anwohner des künftigen Hauptstadtflughafens BER einzubeziehen. Ebenso verhält es sich trotz niedriger Raumhöhe mit einem im Dachboden eingerichteten Kinderzimmer.
Das Urteil habe »große Bedeutung für Tausende von gleich gelagerten Fällen, bei denen die Betroffenen bisher bei der FBB auf eine Mauer des Widerstands und der Arroganz getroffen sind«, erklärte am Mittwoch Peter Ohm, Vizepräsident des Verbandes Deutscher Grundstücksnutzer. Er forderte von der Flughafengesellschaft, »dass sie auch in diesen Fällen jetzt schnell und ohne juristische Winkelzüge im Sinne der OVG-Urteile entscheidet«.
»Die Urteile haben Vorbildwirkung für das gesamte Schallschutzprogramm«, findet auch Franziska Heß, die Rechtsanwältin von zwei Ehepaaren aus Blankenfelde-Mahlow und einem Herren aus Berlin-Bohnsdorf, die einen besseren Schallschutz ihrer Eigenheime verlangten. Für diese drei Musterklagen hatten sich Hunderte fluglärmbetroffene Nachbarn zusammengeschlossen.
Von einem »schönen Erfolg für die Bürger« sprach Christine Dorn, Vorsitzende des Bürgervereins Brandenburg-Berlin. Der Verein hatte die Klagen unterstützt.
»Mit diesem Urteil hat das jahrelange Ringen mit der FBB um wenige Zentimeter Raumhöhe und kleine Wohnküchen hoffentlich ein Ende«, sagte der Landtagsabgeordnete Matthias Loehr (LINKE). Ähnlich äußerte sich Tina Fischer (SPD). Der Versuch der Flughafengesellschaft, die Vorgaben zum Lärmschutz »auszuhebeln«, sei »einmal mehr am Rechtsstaat gescheitert«, meinte Axel Vogel (Grüne).
Das Gericht begründete seine Entscheidung in einer Pressemitteilung vom Dienstagabend damit, dass die Küchen zwar klein seien, aber dennoch nicht allein zum Zubereiten der Mahlzeiten dienen, sondern als Wohnküchen. Auch die Nutzung einer Diele als Wohnzimmer wurde von den Richtern anerkannt. Dagegen sahen sie keine Veranlassung, die FBB zu einer Lärmdämmung außen an der Fassade zu zwingen. Die FBB will in der Regel innen dämmen lassen. Das gefällt vielen Hauseigentümern nicht, weil es die Wohnfläche einschränkt.
Das OVG hatte die Flughafengesellschaft bereits 2013 zu einem besseren Lärmschutz verdonnert. Die Kosten für das Schallschutzprogramm verfünffachten sich deswegen auf 730 Millionen Euro. 26 000 Haushalte haben Anspruch auf Schallschutz. Etwa 3000 haben sich bislang Schallschutzfenster einbauen lassen. Mehr als 6000 Haushalte erhielten finanzielle Entschädigungen. Der BER sollte eigentlich längst fertig sein. Die Eröffnung wurde aber auf 2020 verschoben. af
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