Land verschenkte den Dolgensee

Von 194 vom Bund gekauften Seen gab Brandenburg 143 kostenlos an die Kommunen ab

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

Von einem »Happy End« für die Bürger, spricht Finanzminister Christian Görke (LINKE). In vier Paketen kaufte das Land Brandenburg dem Bund 194 ehemals volkseigene Seen ab und zahlte dafür 6,9 Millionen Euro. So wurde die Privatisierung dieser Gewässer verhindert. Vorher hatte die Privatisierung des Wandlitzsees für Aufregung gesorgt. Diesen See hatte die bundeseigene Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft (BVVG) im Jahr 2003 für 400 000 Euro an den Vorstand der Düsseldorfer Immobilienfirma Teutonia AG verschachert. Der verlangte dann, dass die Besitzer der etwa 130 Stege, die von Privatgrundstücken und vom kommunalen Freibad in den See führen, saftige Summen zahlen oder die Stege abreißen müssen. Auch drohte der Zugang zum See gesperrt zu werden.

Das Land Brandenburg gibt die erworbenen Seen kostenlos an die Kommunen ab, wenn diese das möchten. Anfang Juli ging der rund 31 Hektar große Dolgensee an die Gemeinde Märkische Höhe. Die Gemeinde Falkenhöhe erhielt den 1,8 hektar großen Teich im Wiesengrund und die Gemeinde Neuhardenberg ein 1,1 Hektar großes Gewässer, das keinen Namen hat. Neben diesen drei Übertragungen im Landkreis Märkisch-Oderland gab es noch eine im Kreis Dahme-Spreewald, wo der 2,2 Hektar große Koboldsee an die Gemeinde Spreewaldheide ging. Das teilte das Finanzministerium am Montag mit.

Damit hat das Land mittlerweile 143 Seen an Kommunen abgegeben. Es laufen noch Gespräche über weitere Übertragungen, erläutert Ministeriumssprecher Thomas Vieweg. Es sei außerdem nicht auszuschließen, dass dem Bund noch weitere kleine Seen abgekauft werden. Die großen Gewässer, bei denen noch eine Privatisierung drohte, habe das Land aber bereits alle gesichert. Bei der Übergabe der Seen an Städte und Gemeinden - auch eine Übergabe an die Landkreise ist möglich - sei jeweils vereinbart, dass diese die Seen nicht selbst doch noch privatisieren dürfen, wenn sie einmal in finanzielle Schwierigkeiten geraten sollten.

Es habe die berechtigte Sorge gegeben, dass durch Privatisierungen der Zugang zu Seen erschwert oder sogar unmöglich gemacht wird, erklärt Finanzminister Görke, warum das Land zugegriffen und die Seen damit für die Öffentlichkeit bewahrt hat.

Dass der Bund überhaupt erst einmal zustimmte, die ehemals volkseigenen Seen für vergleichsweise geringe Summen an die ostdeutschen Länder abzutreten, ist das Verdienst von Carsten Preuß. Der sitzt inzwischen als Parteiloser für die LINKE im Landtag und ist Landesvorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

2009 startete Preuß eine Petition an den Bundestag, in der er forderte, dass die Seen in öffentlichem Eigentum bleiben. Mehr als 110 000 Bürger, darunter viele Brandenburger und Mecklenburger, haben damals unterschrieben. Zwar fand sich der Bund nicht bereit, die volkseigenen Seen wie gefordert kostenlos herauszugeben. Er handelte unter dem Druck der Petition mit den Ländern dann aber immerhin Vorzugspreise aus.

»Das war definitiv mein größter politischer Erfolg«, bestätigt Carsten Preuß. Allerdings findet er es nicht gut, dass die Seen schrittweise an die Kommunen abgegeben werden. »Da bin ich jetzt nicht so glücklich«, sagt er aus Sicht des Naturschützers. Wenn Städte und Gemeinden Badeseen übernehmen, sei das zwar völlig in Ordnung. Aber Gewässer in Naturschutzgebieten sollten besser beim Land bleiben, findet Preuß. Sie könnten dem Landesumweltamt oder der Stiftung Naturschutzfonds zugeordnet werden, schlägt er vor. Ihn ärgert, dass auch solche Seen immer wieder an Kommunen gegangen sind. Der Dolgensee ist ein Beispiel dafür. Er gehörte zum ersten Paket mit 55 Seen, dass Brandenburg dem Bund abkaufte. 19 dieser Seen mit großer Bedeutung für den Natur- und Gewässerschutz sollten eigentlich beim Land verbleiben, darunter auch der Dolgensee. Ein Beschluss des rot-roten Kabinetts ermöglichte es den Kommunen jedoch, diese Seen unter Umständen doch zu erhalten, wenn sie dies unbedingt möchten. Im Falle des Dolgensees stimmte der Finanzausschuss des Landtags der Übergabe an die Gemeinde Märkische Höhe zu.

Carsten Preuß sah sich einst wegen des Mellensees zu seiner Petition veranlasst. Das ziemlich flache Gewässer hat bei langer Trockenheit - wie sie im Moment herrscht - Probleme mit Algen. Da der Mellensee zu einer Seenkette gehört, müssten am besten alle diese Seen einem Eigentümer gehören, der sich um die Gewässerqualität kümmert. Inzwischen befinden sich diese Seen aber in der Hand unterschiedlicher Gemeinden, bedauert Preuß.

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