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  • Verschärfung der Asylpolitik

»Transitzentren« noch immer Teil des CSU-Masterplans

Innenminister Seehofer stellt viel kritisiertes Konzept zur Migrations- und Flüchtlingspolitik vor / SPD fühlt sich nur unzureichend eingebunden

  • Lesedauer: 4 Min.

Berlin. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat seinen »Masterplan Migration« vorgestellt - der allerdings noch nicht die letzte Koalitionsvereinbarung zu dem Bereich beinhaltet. In dem am Dienstag veröffentlichten Dokument ist daher weiterhin von der geplanten Einrichtung von »Transitzentren« für Flüchtlinge die Rede, die von der SPD abgelehnt werden. Der Masterplan habe den Stand 4. Juli, sagte Seehofer dazu.

In Gesprächen mit der SPD war der Begriff »Transitzentren« zuvor gestrichen worden. In einem gemeinsamen Beschluss von CDU, CSU und SPD vom vergangenen Donnerstag heißt es, die Bundespolizei nutze »für das Transitverfahren ihre bestehenden Einrichtungen in unmittelbarer Grenznähe«.

»Alles was in Umsetzung des Masterplans stattfindet, wird jetzt hier nicht fortgeschrieben«, begründete der Bundesinnenminister, dass die Transitzentren nun weiterhin im Masterplan auftauchen. »Das ist ja kein Masterplan der Koalition, sondern ein Masterplan dieses Hauses unter meiner Verantwortung.« Alles was in der Umsetzung europäisch, national durch den Bund oder in Zusammenarbeit mit den Ländern erfolge, »wird hier dann nicht aufgenommen«.

Seehofer griff bei der Vorstellung seines Masterplans zudem erneut den urspünglich von rechten Kreisen als Kampfbegriff eingebrachte Terminus der »Asylwende« auf. Der Masterplan sei Bestandteil jener »Asylwende« für Deutschland, die in seinen Augen »dringend erforderlich« sei. Auch betonte Seehofer erneut die Wichtugkeit nationaler Maßnahmen. »Je weniger Europa leisten kann, desto mehr gewinnen nationale Maßnahmen an Bedeutung«, sagte der Minister.

Der CSU-Politiker sagte, er wolle noch im Laufe des Juli Klarheit darüber bekommen, welche Abkommen zur Rücknahme von Migranten es mit anderen EU-Staaten geben werde. Er erwarte »schwierige Gespräche«, die aber gelingen könnten.

Ursprünglich hatte Seehofer sein Papier bereits vor vier Wochen präsentieren wollen. Das verzögerte sich aber, nachdem Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Bedenken gegen Zurückweisungen an der Grenze angemeldet hatte.

Kernanliegen des CSU-Chefs ist eine Verschärfung der Migrations- und Flüchtlingspolitik - bis zuletzt waren einzelne Details seines Papiers aber unbekannt. Dem Vernehmen nach soll es künftig hinter der Grenze eine verstärkte Schleierfahndung geben; dort aufgegriffene Flüchtlinge sollen in den geplanten Ankerzentren ein beschleunigtes Prüfverfahren durchlaufen, wenn sie bereits woanders in der EU registriert sind.

Der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka warf Seehofer vor der Vorstellung des Papiers vor, die Sozialdemokraten nur unzureichend eingebunden zu haben. »Wenn der Bundesinnenminister aus seinem Masterplan etwas Konkretes für das Handeln der Regierung ableiten möchte, liegt es an ihm, auf seine Koalitionspartner zuzugehen«, sagte Lischka der »Augsburger Allgemeinen« (Dienstag). »Das macht man nicht auf Pressekonferenzen.« Seehofer solle »endlich mal seine Arbeit machen, statt immer neue Ankündigungen in die Welt zu blasen«.

Die Bundespolizeigewerkschaft warnte vor zu hohen Erwartungen mit Blick auf eine verstärkte Schleierfahndung in Grenznähe. Niemand solle »die Illusion hegen, dass eine intensivere Schleierfahndung die illegale Migration merklich eindämmt«, sagte der Bundesvorsitzende Ernst G. Walter der »Welt« (Dienstag). »Dazu müssten wir die Aufgegriffenen auch in Gewahrsam nehmen dürfen. Das ist aber rechtlich ausgeschlossen.« Solange die Aufgegriffenen nicht gesichert untergebracht würden, nütze die »schönste Schleierfahndung nichts«.

Aus der Opposition kam Kritik an den bislang bekanntgewordenen Plänen Seehofers. »Das ist ein auf Abschottung ausgerichtetes Papier, das den Herausforderungen der Realität nicht gerecht wird«, sagte die Grünen-Politikerin Luise Amtsberg der »Augsburger Allgemeinen«.

Einige von Seehofers Maßnahmen können nur funktionieren, wenn andere Staaten mitziehen. Italien sperrt sich bislang jedoch gegen eine Rücknahme der Asylbewerber von der deutsch-österreichischen Grenze. In Nordafrika ist kein Land bereit, die von Seehofer vorgeschlagenen Aufnahmezentren für im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge auf seinem Staatsgebiet zu tolerieren.

Zuletzt hatte ein Vorstoß des rassistischen italienischen Innenministers Matteo Salvini für weiteres Aufsehen gesorgt. Salvini will demnach die Hafensperre für auf dem Mittelmeer tätigte Rettungsschiffe ausweiten und künftig auch Militärschiffen internationaler Missionen das Anlegen in Italien verwehren. Ob es so kommt, ist unklar. Bernd Mesovic, Sprecher der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl, sagte der »Bild«-Zeitung (Dienstag): »Salvini will die Gewöhnung der Europäer an das Sterbenlassen. Der Besuch des Papstes auf Lampedusa liegt offenbar lange genug zurück. Da kann man vergessen, dass auf der anderen Seite des Meeres die Hölle auf Erden liegt.« Agenturen/nd

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