Ein unmögliches Polizeigesetz

Die LINKE lehnt von Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) geplante Verschärfungen ab

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

Bisher darf die brandenburgische Polizei im Notfall Sprengstoff einsetzen, um beispielsweise eine fest verrammelte Tür gewaltsam zu öffnen. Künftig dürfte sie einen bewaffneten Terroristen per Handgranate außer Gefecht setzen. Absurd klingt es, wenn im Gesetzentwurf von Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) sinngemäß darauf hingewiesen wird, dass die Handgranate nicht geworfen werden dürfe, wenn der Terrorist in einer Menschenmenge steht. Zumindest das wäre ja wohl selbstverständlich.

Dies ist nur eines der Beispiele für geplante Verschärfungen im Polizeigesetz. Es wimmelt darin nur so von umstrittenen Maßnahmen wie Schleierfahndung, elektronische Fußfessel und Online-Durchsuchung. Dabei sticht heraus, dass die Fußfessel sogar Menschen angelegt werden dürfte, die noch nie eine Straftat begangen haben, aber dennoch als gefährlich eingeschätzt werden.

Der Gesetzentwurf enthalte »so gut wie alle Grausamkeiten, die derzeit bundesweit zur Hochrüstung« der Polizei diskutiert werden, kritisiert die Landtagsabgeordnete Ursula Nonnemacher (Grüne). So unstrittig es sei, dass der Staat die Bevölkerung schützen müsse, dies dürfe nicht zu unverhältnismäßigen Eingriffen in die Grundrechte führen.

Noch bis spätestens 1. August haben die Staatskanzlei sowie die Ministerien für Justiz, Finanzen und Infrastruktur Gelegenheit, sich dem Innenressort gegenüber zum Entwurf für ein neues brandenburgisches Polizeigesetz zu äußern. Es gab Hinweise an Schröter, was rechtlich ausgeschlossen sei. Das Innenministerium erklärte vor wenigen Tagen in einem internen Schreiben, man habe die Hinweise beispielsweise aus dem Justizministerium berücksichtigt. Ob es sich wirklich so verhält, können jetzt die Mitarbeiter von Justizminister Stefan Ludwig (LINKE) prüfen. Denn Schröters Abteilungsleiter Herbert Trimbach verschickte den geänderten Text zur formellen Ressortabstimmung. Es lässt sich jetzt schon sagen, dass der Gesetzentwurf im Landtag in der vorliegenden Fassung nicht beschlossen wird - jedenfalls nicht durch die rot-roten Koalition. Für die LINKE sei es »undenkbar«, dass die Ausweitung polizeilicher Befugnisse dazu führe, dass anlasslos WhatsApp-Nachrichten und private Kalender auf den Smartphones der Bürger durch die Polizei durchforstet werden können, stellt die Landesvorsitzende Anja Mayer unmissverständlich klar. Die vorgeschlagenen Sprengstoffeinsätze gegen Menschen - Stichwort Handgranaten - hält Mayer für »ganz und gar unmöglich«. Ein Polizeigesetz, das auf Kosten der Freiheitsrechte der Bürger geht, wolle die LINKE nicht.

Postwendend behauptet der Landtagsabgeordnete Thomas Jung (AfD), dass LINKE und Grüne gegen mehr Sicherheit in Brandenburg seien. Angesichts einer wachsenden Terrorgefahr durch Islamisten werde »dringendst ein neues Polizeigesetz benötigt«, findet Jung. Ihm gefällt die Idee des Innenministeriums, Grenzkriminalität nicht nur in einer Zone von 30 Kilometern vor Polen zu bekämpfen, sondern generell auf Durchgangsstraßen wie den Autobahnen.

Immerhin gibt es nicht ausschließlich Verschärfungen im Gesetzentwurf. Ein Beispiel: Insgesamt geht es darum, unter welchen Voraussetzungen die Polizei Personen kontrollieren und in Gewahrsam nehmen, Wohnungen durchsuchen, Telefone abhören, Spitzel einsetzen und Plätze durch Videokameras überwachen darf. Ein Polizist darf in Brandenburg bislang 24 Stunden lang observieren. Für eine längere Beobachtung benötigt er eine Anordnung seines Behördenleiters. Nach der neuen Fassung des Polizeigesetzes dürfte zwar ganze 72 Stunden am Stück observiert werden. Es wäre für noch längere Beobachtungen aber immer eine richterliche Anordnung erforderlich, und diese dürfte lediglich bei Gefahr im Verzug erst noch nachträglich eingeholt werden. Aber dies müsste dann auch »unverzüglich« geschehen.

Auch dürfen Telefone bislang nicht länger abgehört werden, als bis zum Ende der gerichtlich gesetzten Frist. Laut Gesetzentwurf müsste das Abhören künftig sofort abgebrochen werden, wenn sich der Grund für die Überwachung erledigt hat. Auch verdeckte Ermittler dürften künftig nicht mehr ohne Erlaubnis eines Richters eingesetzt werden.

Solche Formulierungen tragen erkennbar die Handschrift des Justizministeriums. Doch die vom Innenressort angestrebten Verschärfungen überwiegen noch immer sehr deutlich. Seite 11

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