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Weder aufgearbeitet noch beendet

Petra Pau über die politische Dimension des NSU-Komplexs

  • Lesedauer: 2 Min.

Das Oberlandesgericht München hat im so genannten NSU-Prozess geurteilt. Juristisch kann und will ich das nicht beurteilen. Aber politisch drängt es mich zu fünf Anmerkungen:

Erstens: Ein Nazi-Trio zog zehn Jahre lang raubend und mordend durch Deutschland, unerkannt und unbehelligt. Das war und das ist noch immer die offizielle Version des NSU-Desasters. Man muss allerdings viele Fragezeichen wegwischen, um das zu glauben. Das schrieb ich bereits vor vier Jahren und das meine ich noch immer.

Zweitens: Die Bundeskanzlerin hatte im Februar 2012 den Hinterbliebenen der NSU-Opfer bedingungslose Aufklärung versprochen. Davon kann nach wie vor keine Rede sein. Sie wurde von ihren Innenministern und den nach geordneten Behörden in den Meineid getrieben. Und sie hat sich offenbar ungerührt treiben lassen.

Drittens: Das Staatsversagen beim NSU-Desaster war komplex. Die Behörden, die Politik, die Medien, wir Abgeordneten, alle hatten Anteil. Im Zentrum des Versagens agierten allerdings Ämter für Verfassungsschutz. Sie behinderten die Fahndung nach dem NSU-Trio und sie boykottierten hernach rechtswidrig eine gründliche Aufklärung.

Viertens: Das Mordmotiv der NSU-Nazis war bei neun Opfern, dass diese ob ihrer Herkunft in Deutschland nichts zu suchen hätten, also nationalistischer Rassismus. Genau den erleben wir zunehmend, nicht nur am rechtsextremen Rand, sondern inmitten der Gesellschaft, in Regierungen EU-weit, inzwischen auch wieder in Deutschland.

Fünftens: Was würde das NSU-Trio aktuell wohl dazu sagen, wenn Flüchtlinge aus Afrika auf dem Weg nach Europa in Seenot geraten? Ich weiß es nicht, aber ich ahne es: Schiffe beschlagnahmen. Flüchtlinge zurück bringen. Retter bestrafen. Das klingt bekannt, oder? Ja, das NSU-Desaster ist weder auf gearbeitet, noch beendet.

Petra Pau ist Mitglied der Linksfraktion und Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags.

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