Trump redet sich gegen Merkel in Rage

US-Präsident: Berlin stärkt Russland durch Gaskauf

  • Martin Trauth, Brüssel
  • Lesedauer: 3 Min.

Auf dem Tisch steht alles gedeckt für ein entspanntes Frühstück vor dem NATO-Gipfel: auf der einen Seite Bündnis-Generalsekretär Jens Stoltenberg (Norwegen), auf der anderen US-Präsident Donald Trump. Während eine Kamera wohl nur unverfängliche Bilder vom Beginn einfangen soll, nutzt Trump dies für eine Tirade gegen Deutschland. Er wirft der Bundesregierung letztlich vor, Russland durch Milliardenzahlungen für Gaslieferungen erst zur Gefahr für die NATO zu machen.

»Deutschland wird vollkommen durch Russland kontrolliert«, schimpft Trump und verweist auf die hohe deutsche Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen. »Sie zahlen Milliarden Dollar an Russland, und dann müssen wir sie gegen Russland verteidigen.«

Der US-Präsident kritisiert ausdrücklich die Pläne für die geplante Gaspipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland. Es sei »sehr traurig«, dass Deutschland solche Deals abschließe, sagt Trump. »Sie machen Russland nur reich.«

»Sehr unangemessen« sei das, empört sich Trump, der sich über mehr als fünf Minuten in Rage redet. Genauso unangemessen wie viel zu niedrige Verteidigungsausgaben in der NATO, die das »reiche Deutschland eigentlich sofort« erhöhen könne, ohne Probleme zu bekommen.

Einmal versucht Stoltenberg, Trump zu stoppen. Er verweist darauf, dass es auch im Kalten Krieg Handel von NATO-Ländern mit der Sowjetunion gegeben habe. Trump widerspricht sofort: »Energie ist eine ganz andere Geschichte als normaler Handel«, sagt er. Andere Bündnismitglieder wie Polen seien gegen Nord Stream 2, um eben nicht »Gefangene Russlands« zu werden.

Trump macht damit in aller Öffentlichkeit eine neue Front im Konflikt mit Deutschland auf und vermischt das bewusst mit dem Streit um die Verteidigungsausgaben. Bisher griff er Deutschland und die EU insgesamt vor allem wegen des hohen Exportüberschusses im Handel mit den USA an und droht nach Strafzöllen auf Aluminium und Stahl auch mit Importabgaben auf europäische Autos. Die USA trügen fast die gesamten NATO-Kosten, schrieb er auf Twitter, und schützten auch Länder, »die uns im Handel abzocken«. Damit ist wohl auch Deutschland mitgemeint.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagt dazu bei ihrer Ankunft beim Gipfel, sie wolle »aus gegebenem Anlass« sagen, dass sie selbst erlebt habe, »dass ein Teil Deutschlands von der Sowjetunion okkupiert wurde«. Nach der Wiedervereinigung könne Deutschland aber »eigenständige Politik machen« und »eigenständige Entscheidungen fällen«. Hochrangige Vertreter in Brüssel und Berlin haben die Trump allerdings im Verdacht, auch energiepolitische Interessen zu verfolgen. Mancher in der EU vermutet, dass dies auch ein Grund für den Ausstieg aus dem Atomabkommen mit Iran ist. Denn das Land verfügt über die größten Gasreserven der Welt. AFP

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