Werbung

Freundliche Töne in der Asylpolitik

Bundesinnenminister Horst Seehofer gerät in der CSU unter Druck / Politiker gründen »Union der Mitte«

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

Horst Seehofer hat in seiner politischen Karriere schon viele Ämter bekleidet. Seine Zeit als Bundesinnenminister sollte der Schlusspunkt für den mittlerweile 69-Jährigen sein. Der CSU-Chef will eine politische Landschaft hinterlassen, in der Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete sowie eine Polizei mit großer Machtfülle für viele Bürger als Normalität gelten. Doch inzwischen drängt sich die Frage auf, ob Seehofer diese Legislaturperiode überhaupt überstehen wird.

Denn sogar in den eigenen Reihen formiert sich der Widerstand gegen ihn. Der frühere CSU-Chef Erwin Huber sagte nun dem »Spiegel«, dass das Agieren des Ministers in Berlin mittlerweile viele verwundere und befremde. »Im Landtag ist bei der CSU die anfänglich volle inhaltliche Zustimmung zu Seehofers Asylpolitik einem Ratespiel gewichen«, so Huber. Damit bezieht er sich offenbar auf den Asylstreit zwischen Seehofer und Kanzlerin Angela Merkel über die Zurückweisung von Geflüchteten an der deutschen Grenze.

Sorgen bereitet vielen CSU-Politikern vor allem die Landtagswahl am 14. Oktober, bei der die Konservativen nach jetzigem Stand ihre absolute Mehrheit verlieren würden und einen Koalitionspartner bräuchten, um weiter regieren zu können.

Nach Angaben von Huber vermuten manche CSU-Politiker, dass Seehofer die Landtagswahl und damit den amtierenden Ministerpräsidenten Markus Söder belasten wolle oder das billigend in Kauf nehme. Das Verhältnis zwischen Seehofer und Söder war in den vergangenen Jahren schwierig. Die beiden können sich nicht leiden. Dabei geht es aber eher um interne Machtfragen als um inhaltliche Differenzen.

Zudem berichtete der »Spiegel« von einer neuen Mitgliederinitiative der CDU und CSU. Diese nennt sich »Union der Mitte« und hat in den vergangenen drei Wochen rund 1200 Unterstützer gewonnen. »Flüchtlinge sind keine Sündenböcke für Entwicklungen, die in unserer Gesellschaft schieflaufen«, sagte Stephan Bloch, Gründer der »Union der Mitte«, dem Magazin. Auch örtliche Mandatsträger solidarisieren sich mit der »Union der Mitte«. In einem Brandbrief schrieb demnach der Bürgermeister der oberbayerischen Gemeinde Hebertshausen, Richard Reischl (CSU), seine Partei behandele »manche Menschen wie Dreck«, um Stimmen am rechten Rand zu fischen.

Die »Union der Mitte« macht sich Sorgen, dass die Bürger ihre Parteien als Kopie der AfD wahrnehmen. Mit dabei ist auch Schleswig-Holsteins Wissenschaftsministerin Karin Prien. Der »Focus« berichtete, dass aus ihrer Sicht »zynische und menschenfeindliche Töne gegenüber Flüchtlingen nicht zu den C-Parteien passen«.

Allerdings weist vieles darauf hin, dass die Unionspolitiker, die sich der politischen Mitte zuordnen, nur eine andere Rhetorik in der Flüchtlingspolitik anstreben. Die Union hatte in den vergangenen Jahren geschlossen die Asylrechtsverschärfungen im Bundestag unterstützt. Auch Landespolitiker von CDU und CSU hatten sich nicht dagegen gewehrt.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.