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- Prozess in Berlin
Rigaer Straße: Bäckerei-Vorfall vor Gericht
Ein Mann streichelt einen Hund und landet im Krankenhaus - der Besitzer in Untersuchungshaft
»Free Isa«, grüßte eine Frau aus dem Zuschauerraum zu Beginn des Prozesses. Isa, das ist Marek M., der im Erdgeschoss der Rigaer Straße 94 wohnt, allerdings nicht im bekannten linken Hausprojekt, sondern im Vorderhaus. Seine Nachbarn sehen seine Festnahme, die andauernde Untersuchungshaft und den Prozess als Teil einer Strategie der Polizei. Die wolle die Unterstützung für das Hausprojekt schmälern, indem sie an M. ein Exempel statuiere, so steht es auf der Internetseite einer »Soligruppe für Isa und Nero«, der ebenfalls von der Polizei verhaftet wurde.
Rund 20 Unterstützer begleiteten den zweiten Prozesstag am Montag im Amtsgericht Tiergarten. Vormittags wurde ein Zeuge im sogenannten Bäckerei-Vorfall vernommen. Der Zeuge streichelte im März vor einer Bäckerei in der Rigaer Straße den Hund des Angeklagten, der wurde aggressiv, und schließlich lagen beide Männer am Boden, der Angeklagte saß auf dem Zeugen und drückte ihn zu Boden. Uneins sind sich die Beteiligten in den entscheidenden Details: M. sagte, der Zeuge sei betrunken gewesen, habe den Hund zwar zunächst freundlich gestreichelt, der habe aber schließlich Angst vor dem Mann bekommen, weil dieser zudem Flaschen in seine Richtung schwang und damit schließlich auch schlug. Der Zeuge habe dann noch die Frau des Angeklagten bedroht. M. habe ihn schließlich bei deren Verteidigung zu Boden gerungen. Er habe ihn sofort losgelassen, als dem Zeugen eine vierte Person die Flasche aus der Hand genommen hatte. Der Zeuge gab zu, an dem Tag schon mehrere Flaschen Bier getrunken zu haben, meinte aber, der Hund sei sofort aggressiv geworden, er habe sich gegen dessen Angriff gewehrt, sei bewusstlos geworden und erinnere sich nur noch daran, gewürgt worden zu sein. »Er wollte mich töten, für mich war das klar«, sagte er im Gerichtssaal, zeigte während seiner emotionalen Ausführungen mehrfach auf den Angeklagten. Wie lange er anschließend im Krankenhaus war - 17 oder 27 Tage - konnte er nicht genau sagen.
Zuvor hatten die Verteidiger eine Einlassung von M. verlesen: Er wisse, wie man jemanden an der Kehle nach unten drücke, ohne zu würgen. »Wenn ich ihn verletzt habe, tut es mir leid.« Die Anwälte beantragten zudem das Hinzuziehen eines Wahrnehmungspsychologen: Lichtverhältnisse und Distanz hätten es unmöglich gemacht, zwei weitere Vorfälle korrekt zu verfolgen, die entsprechenden Zeugenaussagen seien somit unbrauchbar. Die Fortsetzung folgt am 23. Juli.
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