Golze stellt sich Abgeordneten

Wegen des Arzneimittelskandals tritt Gesundheitsausschuss in den Landtagsferien zusammen

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.

Spätestens an diesem Mittwoch haben die politischen Turbulenzen, die der vor gut anderthalb Wochen offenkundig gewordene Skandal um den Handel mit mutmaßlich in Griechenland gestohlenen Krebsmedikamenten ausgelöst hat, in Potsdam die Sommerruhe des Landtags beendet. Auf Antrag der oppositionellen Fraktionen der Grünen und der CDU wurde für den Vormittag eine Sondersitzung des Gesundheitsausschusses einberufen, dessen Mitglieder eigens aus den Sommerferien in die Landeshauptstadt zurückbeordert werden mussten.

Alle Aufmerksamkeit konzentriert sich auf die nach den Medienberichten über den Medikamentenskandal unter Druck geratene Gesundheitsministerin Diana Golze (LINKE). Sie ist zugleich Landesvorsitzende der Brandenburger Linkspartei, die gemeinsam mit dem Koalitionspartner SPD in Brandenburg in Regierungsverantwortung steht. Die Ministerin hatte in der vergangenen Woche Fehler im Umgang mit den seit längerem gegen das Arzneimittelunternehmen Lunapharm in Mahlow (Teltow-Fläming) erhobenen Vorwürfen eingeräumt. Gegen die Firma ermittelt die Staatsanwaltschaft Potsdam wegen Hehlerei und Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetzt. Auf der Tagesordnung des Ausschusses steht der Bericht des Gesundheitsministeriums und des ihm unterstellten Landesamtes für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit im Zusammenhang mit dem Verdacht des illegalen Medikamentenhandels.

Das Ministerium hat angekündigt, in der Sondersitzung umfassend über die Vorgänge zu berichten. »Im Gesundheitsausschuss morgen gibt es Antwort auf alle Fragen, die gestellt werden«, erklärte Ministeriumssprecherin Marina Ringel am Dienstag.

Die im Raum stehenden Vorwürfe wiegen schwer: Die Landesbehörden hatten schon früh Hinweise, wonach das Pharmaunternehmen mit offenbar in Griechenland gestohlenen Medikamenten gehandelt haben soll. Der Firma wurde aber erst Ende vergangener Woche die Betriebserlaubnis entzogen. Am Sonntag waren die Firmenräume durchsucht und Unterlagen sowie Medikamente beschlagnahmt worden. Noch ist unklar, ob die gestohlenen Medikamente wegen schlechter Lagerung womöglich unwirksam waren. Die Medikamente - die Rede ist bisher von 7000 Packungen - waren an Apotheken in mehreren Bundesländern gegangen und an Krebspatienten ausgegeben worden.

In Brandenburg steht derzeit vor allem Gesundheitsministerin Golze unter Druck. Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft Neuruppin inzwischen gegen zwei Mitarbeiter des Landesgesundheitsamtes wegen Korruption. Gegen zwei Mitarbeiter der Pharmafirma wird seit dem Frühjahr wegen Hehlerei ermittelt.

Bis Montagabend hatten 535 Menschen bei der am vergangenen Freitag in Brandenburg geschalteten Info-Hotline angerufen. Am ersten Tag hätten sich 150 Anrufer, am Samstag 120, am Sonntag 70 und am Montag 195 Menschen an die Experten gewandt, sagte Ringel.

Unter den Anrufern, die sich über die Hotline an die Gesundheitsbehörden Brandenburgs gewandt hatten, seien bis dahin auch 84 Nachfragen zum Rückruf des Blutdrucksenkers Valsartan gewesen, so Ringel. Sie erklärte, dass die Arzneimittelbehörden der EU-Staaten nach Angaben des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte seit Anfang Juli valsartanhaltige Arzneimittel zurückgerufen haben, die den Wirkstoff des Unternehmens Zhejiang Huahai Pharmaceuticals enthalten. Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hatte zuvor ein Risikobewertungsverfahren zu den Medikamenten eingeleitet, nachdem Verunreinigungen des von dem chinesischen Unternehmen hergestellten Valsartan-Wirkstoffs mit als vermutlich krebserregend geltenden Substanzen entdeckt worden waren. Mit Agenturen

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.