Söder schenkt sich ein Bayern-BAMF
Landesamt für Asyl und Rückführungen soll Abschiebungen von Gefährdern beschleunigen und Behördenabläufe konzentrieren
Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, hatte dieser Tage die Äußerungen führender CSU-Politiker zur Flüchtlingspolitik kritisiert. Die von CSU-Chef Horst Seehofer gebrauchte Formulierung einer »Herrschaft des Unrechts« bezeichnete Voßkuhle als »inakzeptable« Rhetorik. Doch die CSU-Regierung in Bayern belässt es nicht bei Formulierungen. Sie schafft in der Flüchtlings- und Asylpolitik Tatsachen, die nach Ansicht von Kritikern einer Herrschaft des Unrechts nahekommen.
Am Freitag eröffnete Ministerpräsident Markus Söder das bundesweit erste Landesamt für Asyl und Rückführungen. Es steht in Manching bei Ingolstadt, wo sich schon eines der bayerischen »Transitzentren« befindet. Am 1. August soll das Landesamt, das von Kritikern bereits als »Bayern-BAMF« persifliert wird, seine Arbeit aufnehmen. Gemeinsam mit sieben AnKER-Zentren - für jeden bayerischen Bezirk eines -, mit denen Bayern laut Söder »in Vorleistung« geht für die Pläne von Bundesinnenminister Seehofer in seinem »Masterplan Migration«. Alle gemeinsam dienen die Einrichtungen schnelleren Abschiebungen, das ist ihre erklärte Mission - auch hier beansprucht Bayern eine bundesweite Vorreiterrolle. Markus Söder zog es am Freitag allerdings vor, von »Humanität und Ordnung« zu sprechen, wie auch Seehofer es in den letzten Wochen gern tut. Die Chancen integrationswilliger Migranten würden sich mit dem Landesamt in Gestalt von Arbeitserlaubnissen oder Ausbildungschancen verbessern, behauptete Söder. Bayern werde »deutlich offener sein und alle Ermessensspielräume nutzen, um eine bessere Balance zu finden«, wenn die Flüchtlinge Integrationsleistungen bringen. Die Bürger erwarteten auch solch eine Balance zwischen Straftätern und denjenigen, die gezeigt hätten, dass sie sich integrieren wollen, meinte der Regierungschef. Landesinnenminister Joachim Herrmann wurde ein wenig deutlicher, indem er sagte, eine »sichtbar schnelle Reaktion« gegen straffällige Asylbewerber sei eindeutig die Priorität Bayerns. Passbeschaffung, Abschiebungen und Maßnahmen gegen ausländische Gefährder und Straftäter sollen für Bayern zentralisiert und beschleunigt werden - so, als ginge es hier um das Gros der Flüchtlinge oder wenigstens eine für die Statistik relevante Größe. Es wird dafür eine Taskforce im Landesamt geschaffen, die sich um beschleunigte Ausreisen »gewalttätiger und randalierender Asylbewerber« kümmern werde, wie Herrmann sagte. Bayern wolle außerdem mit Geld die Anreize für eine freiwillige Ausreise verstärken. 80 Personen folgten parallel zum Staatsakt mit Söder und Herrmann dem Aufruf des Bayerischen Flüchtlingsrats und machten auf einer Demonstration ihren Unmut über das neue Amt deutlich.
Eine landeseigene Variante des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) brauche es nicht, sie sei überflüssig wie ein Kropf, meinte auch Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Und Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, warf der CSU in der »Neuen Osnabrücker Zeitung« vor, sich »kurz vor der Landtagswahl als Scharfmacherin zu präsentieren, die verspricht, möglichst viele Flüchtlinge erst einzusperren und dann abzuschieben.« Tatsächlich kann das Landesamt nicht in die Asylverfahren eingreifen; die Hoheit dafür liegt unverändert beim Bundesamt in Nürnberg. Doch ausreisepflichtige Flüchtlinge müssen mit der Härte der bayerischen Behörden rechnen, auch wenn es zwischen Ablehnung des Asylantrags und Schutzbedürftigkeit einen Graubereich gibt, wie der jüngste Fall des nach Tunesien abgeschobenen Sami A. zeigt. In Bayern sollen offenbar Tatsachen geschaffen werden, die die Chancen eines Rechtseinspruches weiter verringern. Bei dem Landesamt werden 120 Stellen geschaffen, zusammen mit den zentralen Ausländerbehörden wird das Amt dann später über 1000 Mitarbeiter verfügen. Mit Agenturen
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