• Politik
  • Seenotrettung im Mittelmeer

»Von heute an muss Malta die Verantwortung für jeden Toten übernehmen«

Rettungsschiff »Sea-Watch 3« ist korrekt registriert - und wird trotzdem am Auslaufen gehindert

  • Fabian Hillebrand
  • Lesedauer: 3 Min.

Seit über einem Monat wird das Rettungsschiff »Sea-Watch 3« auf Malta festgehalten. Der Grund: Die maltesische Regierung verhindert das Auslaufen des Schiffes. Wegen einer angeblich fehlerhaften Registrierung im niederländischen Verkehrsregister. Eine Überprüfung hat nun ergeben, dass die Vorwürfe haltlos sind. Der Bericht liegt der maltesischen Regierung vor, diese lässt das Schiff aber trotzdem nicht auslaufen.

Die Untersuchung, über die zuerst Spiegel und Tagesschau berichteten, bescheinigt dem Schiff eine ordnungsgemäße Eintragung im niederländischen Schifffahrtsregister. Die »Sea-Watch 3« wird seit dem 02. Juli 2018 im Hafen festgehalten. Damals hatte Malta Ermittlungen gegen den Kapitän eines anderen unter niederländischer Flagge fahrenden Rettungsschiffes, der M/S Lifeline, wegen möglicher Probleme mit deren Registrierung, eingeleitet.

»Die Untersuchung zeigt, dass alle Voraussetzungen für eine Registrierung als Sportboot im Flaggenregister der Niederlande erfüllt sind«, das hat das Verkehrsministerium in Den Haag den maltesischen Behörden in einem Schreiben vom 24. Juli offiziell mitgeteilt. Der Bericht wurde verfasst von Inspekteuren, des niederländische Ministeriums für Infrastruktur und Wassermanagement.

Dennoch erhielt Sea-Watch ein Schreiben der Malteser Behörde, in dem sie ihr Anfrage, den Hafen zu verlassen, ablehnte. Die Behörden in Valetta behaupten, dass sie weitere Erläuterungen von den niederländischen Behörden zu bestimmten Aspekten benötigen. Die Kapitänin der Sea-Watch 3, Pia Klemp, hat kein Verständnis für die Haltung der maltesischen Regierung: »Wie kann es sein, dass unser Schiff in Malta immer noch blockiert ist? Und das obwohl die Seefahrernation Niederlande, die die Registrierungs- und Sicherheitsstandards auf dem Schiff fast einen Monat lang mit erfahrenen Experten überprüft hat, zu dem Schluss kam, dass mit unserem Schiff alles in Ordnung ist?«

Die »Sea-Watch 3« ist nicht das einzige Schiff, das in Malta festgesetzt worden ist. Auch die »Seefuchs« und die »Mission Lifeline« werden derzeit am Auslaufen gehindert. Die Blockade der Seenotrettung hat dramatische Konsequenzen: Die Zahl der Toten auf dem Mittelmeer ist deutlich gestiegen. Laut Zahlen der Organisation »Missing Migrants Project« war der Juni 2018 der tödlichste Monat auf der Fluchtroute seit fünf Jahren.

Lesen sie auch: Wie verdreht kann diese Welt nur sein? Neeske Beckmann will mit der »Lifeline« Leben retten. Stattdessen sitzt sie auf Malta fest. Ein Erfahrungsbericht.

Johannes Bayer findet drastisch Worte zum Vorgehen der maltesischen Regierung: »Von heute an müssen die maltesischen Behörden die volle Verantwortung für jeden Toten übernehmen, der hätte gerettet werden können, aber nicht wurde«, sagt das Vorstandsmitglied von Sea-Watch.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.