Spanien erneut Erdogans Helfershelfer
Es hat länger gedauert, bis der Fall von Bariş Ateş an die Öffentlichkeit gedrungen ist. Der Alevit aus dem kurdischen Gaziantep, der seit 2012 als anerkannter Flüchtling in Deutschland lebt, ist schon am 20. Juni an seinem ersten Urlaubstag auf Basis von türkischen Anschuldigungen im südspanischen Torremolinos festgenommen worden. Da es sich nicht um einen prominenten Fall handelt, wie der des deutsch-türkischen Schriftstellers Doğan Akhanlı oder des schwedisch-türkischen Journalisten Hamza Yalçin, hat die spanische Presse über den Fall bisher kaum berichtet.
Wie Akhanlı und Yalçin wirft die Türkei auch dem Busfahrer aus Tübingen, der in seiner kurdischen Heimat Lehrer war, »Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung« vor. Ateş hatte den Kriegsdienst verweigert und sich im Jahr 2000 an Studentenprotesten beteiligt. Dafür saß er schon 30 Monate in einem türkischen Gefängnis. Der an Tuberkulose erkrankte Ateş floh 2012 nach Deutschland, als ein türkisches Gericht entschied, dass er weitere 30 Monate hinter Gitter soll. In Deutschland wurde er sofort als Flüchtling anerkannt.
Die Türkei hält aber an den dubiosen Terrorismusanschuldigungen fest. Auf dieser Basis wurden der 43-Jährige, seine Frau und die beiden Kleinkinder mitten in der Nacht von der spanischen Polizei aus den Hotelbetten geworfen. Alles sei »sehr schnell gegangen«, erklärte seine Frau Ergül Ateş dem »Schwäbischen Tagblatt«. Verstanden habe sie kein Wort. Erst im Laufe des Tages, nachdem der Anwalt Alfonso Sell aus Málaga eingeschaltet worden war, klärte sich die Lage auf: Wie Akhanlı und Yalçin steht auch Ateş auf der roten Interpol-Liste.
Zwar erreichte Sell schon am folgenden Tag die Freilassung unter Auflagen von Ateş, doch seither sitzt der Alevit in Spanien fest. Auch ihm droht nun die Auslieferung. Bis zur Entscheidung über das Hauptverfahren vor dem Nationalen Gerichtshof in Madrid kann viel Zeit vergehen. Für den Anwalt Sell ist klar, dass man seinen Mandanten »unter Kontrolle« haben will. Sell will beweisen, was Ateş schon in Deutschland bewiesen hat: Dass er in Türkei politisch verfolgt wird.
Spanien hat aus den Fällen Akhanlı und Yalçin keinerlei Konsequenzen gezogen und versucht sich erneut als Erfüllungsgehilfe des türkischen Regimes. Wie Akhanlı und Yalçin war auch Ateş zuvor mit seinem Flüchtlingspass schon problemlos in anderen europäischen Ländern - erst in Spanien wurde er festgenommen. Das ist umso erstaunlicher, da der Oberste Gerichtshof des Landes im Fall Akhanlı kürzlich erst bestätigt hat, dass es unmöglich ist, einen anerkannten Flüchtling an die Türkei auszuliefern - die Gewährung von Asyl in Deutschland bedeute eine »Verweigerung der Auslieferung«. Das Gericht führt dabei weiter aus, dass die Tatsache, dass Akhanlı - wie Ateş - als Flüchtling anerkannt ist, nicht »in Zweifel gezogen werden« könne und das sei nach dem Auslieferungsgesetz entscheidend.
Man darf gespannt sein, ob sich Bundeskanzlerin Angela Merkel auch in diesem Fall zu Wort meldet. Im Fall des deutsch-türkischen Schriftstellers wurde sogar darüber debattiert, dass die Türkei aus Interpol ausgeschlossen werden sollte. Merkel hatte erklärt, die grenzübergreifende Polizeibehörde dürfe »nicht für so etwas missbraucht« werden. Klar ist aber, dass das Problem nicht nur in der Türkei liegt, sondern auch bei willfährigen spanischen Behörden.
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