Bewegung auf der Billiginsel

Sachsen: LINKE legt einen eigenen Entwurf für ein neues Vergabegesetz des Landes vor

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.

Als Sachsens Polizisten ab 2009 neue, blaue Uniformen bekamen, wurden diese in den höchsten Tönen gelobt: Vom »erstklassigen Tragekomfort« schwärmte man im Innenministerium und merkte an, Funktionalität und Qualität hätten »bei der Wahl der neuen Uniform (…) an erster Stelle« gestanden. Weniger wichtig war offenbar, unter welchen Bedingungen sie gefertigt wird. In einer damit beauftragten Näherei in Mazedonien herrschten »unmenschliche Bedingungen«, kritisiert das Netzwerk »Sachsen kauft fair«; von den Löhnen könne »ein Mensch nicht leben«.

Das ist kein Einzelfall. Sachsen sei »bundesweites Schlusslicht« bei den Standards, nach denen öffentliche Aufträge vergeben werden, sagt Klaus Tischendorf, gewerkschaftspolitischer Sprecher der LINKEN im Landtag. Der DGB-Landeschef Markus Schlimbach bezeichnet den Freistaat gar als »Billiginsel«. Während alle anderen ostdeutschen Bundesländer zum Beispiel eine Untergrenze für Löhne haben, zu denen sie öffentliche Aufträge vergeben, existiert eine solche in Sachsen nicht.

Eigentlich hatte die Regierungskoalition aus CDU und SPD bei Amtsantritt im Jahr 2014 angekündigt, das von der Vorgängerkoalition aus Union und FDP ein Jahr zuvor beschlossene Vergabegesetz zu überarbeiten. Der SPD gingen dessen Regelungen nicht weit genug. Im Koalitionsvertrag steht, ein modernes Vergabegesetz sei »von zentraler Bedeutung«; das Regelwerk solle daher »bis spätestens 2017« überarbeitet werden. Bis jetzt aber ist nichts passiert - und in einem Jahr ist erneut Landtagswahl.

Nun bringt die LINKE Bewegung in die Angelegenheit. Sie legte jetzt einen Gesetzentwurf vor, der gemeinsam mit DGB und »Sachsen kauft fair« erarbeitet wurde. Die Co-Autoren knüpfen damit an eine etwa fünf Jahre alte Kampagne des DGB mit dem Titel »Billig kommt teuer« an sowie an eine gemeinsame Initiative der damaligen Oppositionsparteien von aus dem Jahr 2012 - seinerzeit unter Einschluss der SPD. Diese könne sich aber nun in der Koalition nicht gegen die CDU durchsetzen, stichelt Tischendorf. Beleg: Als SPD-Landeschef Martin Dulig im Dezember Bedingungen nannte, unter denen seine Partei zur Wahl des CDU-Mannes Michael Kretschmer zum neuen Ministerpräsidenten bereit wäre, habe das Vergaberecht, obwohl ein SPD-Kernthema, nicht dazugehört.

Der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf sieht unter anderem ein Mindestentgelt vor, das Firmen bei öffentlichen Aufträgen zahlen sollen. Es liegt bei 11,24 Euro. »So viel müsste das Land auch mindestens zahlen, wenn es die Arbeit selbst erledigt«, sagte Tischendorf. Generell solle »nicht mehr das billigste, sondern das wirtschaftliche Angebot« berücksichtigt werden, sagte Schlimbach und sprach von einem »Ende des Billigwahns«.

Antonia Mertsching von »Sachsen kauft fair« sagte, es würden nicht nur die Kosten für den Auftraggeber berücksichtigt, sondern auch jene »für die Menschen anderswo in der Welt und für die Umwelt«. Mit dem neuen Gesetz würde Sachsen die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen erfüllen.

Derzeit hat der Freistaat, anders als etwa der Bund, keine entsprechende Strategie. Den Vorwurf, die Regelungen führten zu mehr Bürokratie, wies Mertsching zurück. Einerseits halte sich diese dank vieler Siegel und Zertifikate in Grenzen; andererseits sei es »nicht fair, Nachhaltigkeit gegen Bürokratie auszuspielen«.

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