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An einem Strang

Hans Gerd Öfinger über den europaweiten Streik gegen Ryanair

  • Hans Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 2 Min.

Wenn derzeit gestrandete Urlauber nicht wie geplant abheben können, weil europaweit beim irischen Billigflieger Ryanair gestreikt wird, dann sollten sie das Beste aus der unverhofften Zwangspause machen. Wer die Streiknachricht nicht rechtzeitig per SMS empfangen hat und bereits im Terminal angekommen ist, könnte sich direkt mit den Streikposten solidarisieren und sich bei ihnen über die Ursachen des Arbeitskampfes informieren.

Die auf den ersten Blick sagenhaften Schnäppchenpreise, mit denen Ryanair um Passagiere wirbt, haben eine Kehrseite. Wenn ein Flugticket heute oftmals billiger ist als die Anreise zum Flughafen mit Bus und Bahn, dann muss irgendjemand dafür die Zeche zahlen. Tatsächlich sind die Hauptleidtragen bei diesem Geschäftsmodell die Beschäftigten mit ihren Dumpinglöhnen und miserablen Arbeitsbedingungen in der Luft und am Boden. Zahlreiche Ryanair-Piloten sind Leiharbeiter und Scheinselbstständige, die vom Einkommen ihrer Kollegen bei anderen Fluglinien nur träumen können.

Über viele Jahre setzten die nassforschen und hemdsärmeligen Manager in der Dubliner Zentrale darauf, dass sie mit ausgeklügelten Herrschaftsmethoden die ständig neu zusammengewürfelten internationalen Crews auseinanderdividieren und von klassischen Organisations- und Kampfformen der Arbeiterbewegung abhalten könnten. Nun zeigt sich, dass die anhaltende Ausbeutung Grenzen hat. Immer mehr Beschäftigte in der Luft und am Boden haben die Nase gestrichen voll und begehren auf.

Erfreulich an der aktuellen Streikbewegung ist ihr europaweiter Charakter. Offensichtlich haben sich die maßgeblichen Gewerkschaften in Irland, Spanien, Portugal, Belgien und Italien abgestimmt. Sie haben die Gunst der Stunde erkannt und wissen, dass die sommerliche Hauptreisezeit der optimale Augenblick ist, um wirksam Druck auszuüben. Streiks sollen keine Operette sein, sondern richtig wehtun. Höchste Zeit, dass jetzt auch in Deutschland die Flieger am Boden bleiben. 96 Prozent der in der Gewerkschaft Cockpit organisierten Ryanair-Piloten haben für Streik gestimmt. Die Stunde der Wahrheit schlägt Mitte kommender Woche, wenn sich die Cockpit-Spitze in Frankfurt am Main äußern will.

Kostendruck, Prekarisierung, Liberalisierung und Privatisierung machen allen Beschäftigten der Luftfahrt zu schaffen - von den Piloten bis zu den Niedriglöhnern in Bodendiensten und bei der Reinigung. Daher sollten jetzt auch alle an einem Strang ziehen und sich gemeinsam wehren.

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