Genussradeln im Berliner Umland

Fahrradserie, Teil 6: Unterwegs auf dem »Hofjagdweg« - 68 Kilometer im Selbstversuch

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 4 Min.

Die derzeitige Affenhitze lässt eine Fahrradtour über Land nicht gerade als gute Idee erscheinen. Aber, es ist halt alles eine Frage der persönlichen Befindlichkeit - und, wie sich zeigt, von Tageszeit und Vorbereitung. Der Berliner kann ja ins grüne Umland radeln, und in den Morgen- und Vormittagsstunden ist es dort in den Wäldern und entlang der Flüsse und Seen erstaunlicherweise angenehm kühl.

Das passende Angebot findet sich bei regionalen Tourismusverbänden. Der Tourismusverband Dahme-Seen e.V. bewirbt beispielsweise den »Hofjagdweg«, der von Königs Wusterhausen in den Spreewald nach Lübben führt. Die Angaben zur Streckenlänge variieren ein wenig, ein kleines Handbuch, das die Tourismusinformation am Bahnhof Königs Wusterhausen kostenlos abgibt, stellt 63 Kilometer in Aussicht. Es ist gewiss die Untergrenze. Abschrecken lassen sollte man sich davon nicht, denn wen vorzeitig Kraft oder Laune verlassen sollten, dem ist Rettung stets nah: In kurzer Entfernung zur Piste finden sich Bahnhöfe, an denen Züge der Regionallinie RB24 halten (Bestensee, Groß Köris, Halbe und Brand). Halbe und am Ende der Bahnhof Lübben bedient auch der RE2. Die Fahrradmitnahme sollte in den entsprechend markierten Zugabteilen kein unlösbares Problem sein.

Vor dem Start am denkmalgeschützten Bahnhof Königs Wusterhausen wäre Gelegenheit, die persönliche Ausrüstung zu komplettieren: Genügend Wasser für unterwegs, einen kleinen Snack. Am besten dabei hat man Sonnenschutz und eine geeignete Kopfbedeckung. Stramm aufgepumpte Reifen machen sich unterwegs bezahlt, will man leicht über asphaltierte Wege und Straßen rollen.

Der »Hofjagdweg« folgt der Route, die die königlichen Hofjagdgesellschaften vom Schloss Königs Wusterhausen aus in die Wälder der Dahmeregion geführt haben soll. Das Schloss hatte 1682 der Große Kurfürst für seinen Sohn Friedrich I. erworben, der es seinem Sohn Friedrich Wilhelm I., dem späteren Soldatenkönig, als Jagdschloss schenkte. Die letzte Hofjagd veranstaltete wohl Kaiser Wilhelm II. im Jahr 1913.

Als Logo markiert eine rasende schwarze Wildsau mit einer gelben Krone auf dem Haupt den Verlauf des »Hofjagdweges«. Man findet es erstmals auf dem Radwegweiser gegenüber dem Bahnhof, und es begleitet einen als verlässliche Orientierung.

Die Streckenführung ist fantastisch, sobald man von der Bahnhofsstraße auf den asphaltierten Radweg entlang des lauschigen Nottekanals eingebogen ist. An der Straßenbrücke heißt es, den Wasserlauf Richtung Schenkendorf zu verlassen. Kurz taucht dort die Autobahn A13 im Blickfeld auf und bleibt, wenn auch dezent, eine Weile akustisch präsent. Doch das frische Asphaltband, dass durch kühle Kiefern- und Mischwälder führt, entschädigt dafür, macht die Fahrt zum Genussradeln. Wer im Gedächtnis (und in den Gliedern) noch die Erinnerung an die Platten- und Schotterpiste der ersten Jahre hat, wird das umso mehr zu schätzen wissen. Über weite Strecken fährt man einsam über Wald- und Wirtschaftsstraßen, die sich sonst Radfahrer mit Autos und Wanderern teilen sollen. Über Krummensee geht es, vorbei an Bestensee und Motzen, nach Groß Köris. Durch den Ort führt - glücklicherweise nur bis zur Kirche - eine grobe Pflasterstraße. Ein verzichtbares Markenzeichen märkischer Radfernwege. Komfortabel fährt man dann aber über Löpten, durch Baumreihen abgeschirmt, entlang der Bundesstraße durch ein vor Jahren großzügig geplantes Gewerbegebiet, in dem selbst das riesige neue Logistikzentrum verloren wirkt, nach Halbe. Die Stadt ist bis heute gezeichnet von der Kesselschlacht, die hier Ende April 1945 tobte und deren Vieltausende Opfer am Stadtrand auf Deutschlands größtem Soldatenfriedhof liegen. Ein Besucht dort ist einprägsamer als jede Geschichtsstunde.

Im beschaulichen Märkisch Buchholz ist schon beinahe die Hälfte des Wegs geschafft. Im Schatten dichter Wälder erreicht man Köthen, dessen gepflegte öffentliche Badestelle am Köthener See Erfrischung bietet. »Kühns Gasthaus« daneben, einst ein gemütliches Lokal, kann damit nicht aufwarten, es ist seit 2016 zu.

Gut bewirtet wird man im Spreewalddorf Schlepzig am Hafen oder in einem der Biergärten am Wasser. Dorthin nutzt man besser die Straße nach Krausnick, denn der eigentliche Radweg führt von Groß Wasserburg aus durch knöcheltiefen Sand.

Die letzten 20 Kilometer zwischen Fischteichen entlang der Spree haben es in sich. Es liegt am offenen Gelände und am plötzlich doch schlechter werdenden Zustand der Wege. Dabei ist die Gegend malerisch. Am Bahnhof Lübben ist es dann auch genug. Bei der Hitze!

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