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»Niemand hat die Absicht ...«
Netanjahu beharrt auf Nationalstaatsgesetz / Proteste in Israel dagegen flauen nicht ab
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und die ihm politisch folgenden Parteien sind offenbar wild entschlossen, die israelische Gesellschaft noch erheblich tiefe als bisher zu spalten und das gleich in mehrfacher Hinsicht: zwischen israelischen Juden und israelischen Palästinensern, zwischen mehr weltlich und mehr religiös orientierten Bürgern und zwischen dem politisch nach links neigenden Teil der Wähler und den Anhängern der der ultrakonservativen Rechten.
Das neue Nationalstaatsgesetz erhitzt die Gemüter nicht nur im Parlament Knesset auf eine Weise, wie sie zuvor wohl selten vor Kameras zu sehen war: Arabische Abgeordnete zerreißen in ohnmächtiger Wut demonstrativ den Gesetzestext und werfen die Schnipsel in den Plenarsaal. Abgeordnete der zionistisch-extremistischen Parteien aus Netanjahus Regierungskoalition keifen in gleicher Weise zurück und scheuen auch keine Handgreiflichkeiten. Jeglicher Kompromiss, jegliche Neuerörterung wird abgelehnt.
Es soll also dabei bleiben: Die etwa 18 Prozent Palästinenser, die innerhalb der regulären Grenzen Israels - also ohne die okkupierten Gebiete - leben und einen israelischen Pass haben, werden künftig mit ihrem Arabisch eine Muttersprache sprechen, die künftig keine Amtssprache mehr sein soll. Es betrifft in gleicher Weise die 130.000 arabisch sprechenden Drusen.
Am Sonnabend gingen deshalb erneut Zehntausende in Tel Aviv auf die Straße. Der Vorsitzende des Dachverbands der arabischen Minderheit, Mohammed Barake, sagte dabei laut dpa, das Nationalstaatsgesetz sei »ein rassistisches Gesetz, das an die Apartheid in Südafrika erinnert«. Auch andere Protestierende fanden drastische Worte. In Tel Aviv wurde Netanjahu in Sprechchören als Faschist bezeichnet.
Den Angesprochenen ficht das aber offenbar wenig an. »Der Staat Israel ist der Nationalstaat des jüdischen Volkes«, erklärte er am Sonntag und behauptete, die Rechte von Nichtjuden schmälere das nicht. »Niemand hat die Absicht, diese Rechte zu verletzen.« Ohne das Nationalstaatsgesetz werde es aber »unmöglich« sein, für künftige Generationen »die Zukunft von Israel als jüdischer Nationalstaat zu gewährleisten, so Netanjahu.
Die Drusen, die dem israelischen Staat bisher loyal gegenüberstanden, zum Beispiel auch in der israelischen Armee dienen, misstrauen diesem Staatsziel ebenso wie Netanjahus Beteuerungen. Sie wissen außerdem, dass die militanten Siedler schon bisher ausgesprochen maßlos gewesen sind in ihren Ansprüchen auf das Eigentum Alteingesessener und nun neue Begehrlichkeiten mit Verweis auf die Religion geweckt werden. Drusen wie Palästinenser gehen davon aus, dass das Gesetz zu Diskriminierung in vielerlei Hinsicht führen kann, vom Wohnrecht über das Eigentum an Grund und Boden bis zu Fragen des Staatshaushalts. Es wird die Demonstranten auch wenig beruhigen, dass gegen das Nationalstaatsgesetz bisher fünf Klagen eingereicht wurden, die jetzt vom Obersten Gerichtshof geprüft werden.
Zum Konfrontationskurs des Kabinetts Netanjahu passt eine Äußerung von Energieminister Juval Steinitz aus Netanjahus Likud-Partei. In der Nacht zum Freitag hatten Vertreter Israels und der im Gazastreifen herrschenden Hamas ein Ende der Kämpfe verkündet. Ungeachtet dessen äußerte Steinitz am Sonntag die Ansicht, man müsse dazu bereit sein, die Hamas zu stürzen. Dies sei «definitiv eine Option». Das Szenario sei näher denn je zuvor. Beim jüngsten Gaza-Krieg 2014 starben etwa 2000 Palästinenser und 67 Israelis.
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