Werbung
  • Politik
  • Verhältnis CDU und LINKE

Kokert: Keine »Verteufelung« der Linkspartei

Senftleben: Brauchen »in der Politik eine neue Debattenkultur, die nicht daraus bestehen kann, Gespräche auszuschließen.«

  • Lesedauer: 4 Min.

Berlin. Führende CDU-Politiker aus Ostdeutschland haben sich dagegen gewandt, Gespräche mit der LINKEN rundheraus auszuschließen. Mecklenburg-Vorpommerns CDU-Chef Vincent Kokert warnte vor einer »Verteufelung« der Linkspartei. Diese werde inzwischen von Menschen geprägt, die dem Land nicht schaden wollten, sagte Kokert der »Rheinischen Post« (Montag). Der Brandenburger CDU-Vorsitzende Ingo Senftleben forderte eine andere Diskussionskultur. »Wir wollen anpacken und unser Land voranbringen. Dafür brauchen wir in der Politik eine neue Debattenkultur, die nicht daraus bestehen kann, Gespräche auszuschließen.«

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) war am Wochenende mit Gedankenspielen über eine Zusammenarbeit von CDU und Linken in Ostdeutschland auf massiven Widerstand in der Union gestoßen. Günther wies auf die schwierige Regierungsbildung in den östlichen Bundesländern hin und erklärte: »Wenn Wahlergebnisse es nicht hergeben sollten, dass gegen die LINKE eine Koalition gebildet wird, muss trotzdem eine handlungsfähige Regierung gebildet werden. Da muss die CDU pragmatisch sein.«

Das Undenkbare
Wolfgang Hübner über den rationalen Kern der CDU-LINKE-Debatte

Nach scharfer Kritik aus den eigenen Reihen versicherte Günther später, seine Äußerungen hätten sich auf die konkrete Diskussion in der Union für den Fall bezogen, dass nach einer Landtagswahl keine Mehrheiten gegen LINKE und AfD möglich seien. Senftleben hatte schon im April für Aufregung gesorgt, als er in Aussicht stellte, nach der Landtagswahl 2019 Gespräche mit AfD und LINKEN zu führen. Eine Koalition mit der AfD hatte er dabei aber so gut wie ausgeschlossen.

Senftleben versicherte nun, er strebe auch keine Koalition mit den Linkspartei an. »Die Bürger erwarten aber zu Recht, dass die Politik ein Wahlergebnis annimmt und damit umgehen kann«, sagte er der »Rheinischen Post« (Montag). »Entscheidend ist, ob Parteien bereit sind, andere Meinungen zu akzeptieren und auch etwas mitzutragen, was ihnen vielleicht nicht gefällt, um das Land insgesamt voranzubringen.« In Brandenburg regiert derzeit eine rot-rote Koalition unter Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD).

Kokert nannte die Empörung in der Union über die Äußerungen von Günther und Senftleben ein wenig überzogen. Die Welt sei in Bewegung geraten, man sollte nicht ohne Not Gräben ziehen, sagte er. »Deswegen bin ich dafür, dass man zumindest miteinander redet und einander nicht verteufelt.« In Mecklenburg-Vorpommern, wo die CDU in einer Großen Koalition unter Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) regiert, sei das übrigens gelebte Wirklichkeit. Das Verhältnis zwischen CDU- und LINKEN-Abgeordneten sei durchweg von gegenseitigem Respekt geprägt. Politische Schnittmengen sehe er dennoch kaum.

CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte Koalitionen mit der LINKEN umgehend eine klare Absage erteilt, auch andere Unionspolitiker schossen eine Zusammenarbeit aus. Der Vorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak, wertete Günthers Äußerungen nun als »absolute Einzelmeinung«. »Ich halte diesen Vorstoß für falsch«, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete der »Passauer Neuen Presse« (Montag).

Linksfraktionschef Dietmar Bartsch reagierte mit Befremden auf die Debatte in der Union. Die Totalverweigerung der Sachzusammenarbeit einiger Unionspolitiker mit der LINKEN sei »ein Zeichen dafür, dass sie noch in den Schützengräben des Kalten Krieges liegen«, sagte er der »Welt« (Montag). In vielen Kommunal- und Landesparlamenten werde das in der Praxis zurecht konterkariert.

Vom Vorsitzenden der Linksfraktion im sächsischen Landtag, Rico Gebhardt, waren ablehnde Töne gegenüber der CDU zu hören. »Es ist allgemein bekannt, dass die sächsische Union eine absolute Rechtsaußen-Position unter allen CDU-Landesverbänden einnimmt und die Schnittmengen zwischen CDU und AfD im Landtag beachtlich sind«, warnte Gebhardt.

Eine Partei, »die zehn Jahre lang alle Warnungen vor einem Lehrkräftemangel an den Schulen ignoriert und nebenbei auch noch die Polizei personell runtergewirtschaftet hat, um gleichzeitig dem Demokratieverächter Orbán zu huldigen und selbst bei jeder Gelegenheit obrigkeitsstaatliche bürokratische Bevormundung und Abbau von Grund- und Freiheitsrechten zu betreiben« sei für die LINKE »keine Partnerin«.

Der frühere Vorsitzende der Linkspartei im Bundestag, Gregor Gysi, verglich die Debatte mit der Annäherung von SPD und LINKEN. Genauso habe es seinerzeit in der SPD begonnen, später sei es zu rot-roten Bündnissen in Ostdeutschland gekommen - »und nun bestreitet niemand mehr die Möglichkeit zu einer solchen Koalition auf Bundesebene«, sagte er der »Rheinischen Post«. Agenturen/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.