Rechtsstatus für das Kaspische Meer

Die Anrainerstaaten vereinbaren nach 22-jährigen Verhandlungen Konvention für das weltgrößte Binnengewässer

  • Axel Eichholz, Moskau
  • Lesedauer: 4 Min.

Am Sonntag haben die Staatschefs der fünf Kaspi-Anrainerländer - Russland, Aserbaidschan, Iran, Kasachstan und Turkmenistan - eine Konvention über den Rechtsstatus des Kaspischen Meeres im kasachischen Aktau unterzeichnet. In Zeiten der Sowjetunion hatte neben Moskau nur Teheran Anspruch auf die Nutzung des größten Binnengewässers der Erde erhoben. Nach dem Zerfall der UdSSR meldeten sich 1996 aber die neuen Staaten zu Wort. Allerdings wurde der Wortlaut der Konvention nach dem Gipfel noch nicht veröffentlicht.

Vor der Eröffnung des Treffens hatte der russische Vizeaußenminister, Staatssekretär Grigori Karassin, anwesenden Journalisten mitgeteilt, das Gewässer solle künftig weder als Binnensee noch als Meer gelten, sondern einen Sonderstatus erhalten. Beim Kaspisee handle es sich um ein Gewässer im Inneren des Kontinents, das keinen Anschluss an die Weltmeere besitze und deshalb auch selbst nicht als Meer betrachtet werden könne. Angesichts seiner Größe, Wasserzusammensetzung und anderer Besonderheiten könne es aber auch nicht als Binnensee gelten. So lassen sich folglich weder die Seefahrtskonvention der Vereinten Nationen von 1982 noch die Grundsätze für grenzübergreifende Binnenseen anwenden.

Nur der Meeresboden und der Untergrund werden nun in Sektoren aufgeteilt. Für den Wasserspiegel gälten andere Kriterien, sagte der russische Diplomat. Das Meer soll in Binnengewässer und territoriale Gewässer aufgeteilt werden, die maximal 15 Seemeilen breit sein dürfen. Dafür gilt die Souveränität des jeweiligen Anrainerstaates, wobei seine Außengrenze auch Staatsgrenze ist. Dann kommt die zehn Seemeilen breite Fischereizone, wo der jeweilige Staat das ausschließliche Nutzungsrecht besitzt. Alles andere bleibt in der gemeinsamen Nutzung. Schließlich sollen der Meeresboden und das Erdinnere darunter in nationale Sektoren aufgeteilt werden.

Die ehemaligen Sowjetrepubliken Russland, Kasachstan, Aserbaidschan und Turkmenistan hatten sich bereits über die Aufteilung des Seebodens im Nordkaspi geeinigt - womit allerdings Teheran nicht einverstanden war. Auf Iran sollten nur 13 bis 14 Prozent des Festlandsockels entfallen. Teheran forderte jedoch, jedes Land solle 20 Prozent erhalten. Es hatte bereits Probebohrungen auf den Gasfeldern Sardar Dschangal anlegen lassen, auf das auch Aserbaidschan Anspruch erhebt. Reibereien gab es auch zwischen Aserbaidschan und Turkmenistan.

Und auch die neue Konvention scheint keine vollständige Klarheit zu schaffen. Es heißt lediglich, die Aufteilung des Meeresbodens und der Bodenschätze erfolge in Abstimmung zwischen den benachbarten und einander gegenüber liegenden Staaten »unter Einbeziehung der allgemein anerkannten Grundsätze und Rechtsnormen«. Karassin machte deutlich, dass Moskau es lieber sähe, wenn Aserbaidschan, Iran und Turkmenistan ihre Streitigkeiten auf bi- beziehungsweise trilateraler Grundlage beilegen, ohne alle fünf Länder zu bemühen.

Bisher ist auch nicht klar, ob die Konvention den Weg für den Bau einer »transkaspischen Gaspipeline« freigibt, die Russland bisher strikt ablehnte. Es heißt nur, dass die Teilnehmerländer Gaspipelines am Kaspiboden verlegen können und dafür nur die Zustimmung jenes Landes benötigen, durch dessen Sektor das Rohr verläuft. Damit wäre der Bau einer Pipeline von Turkmenistan nach Aserbaidschan möglich. Dann würde billiges turkmenisches Gas durch Georgien und die Türkei nach Europa gelangen. Ob Russland, dass sich bisher dagegen sträubte, nun plötzlich umfällt, ist fraglich. Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten waren immer dafür. Beobachter vermuten, dass Moskau noch einen Trumpf im Ärmel hat, mit dem es den Pipeline-Bau weiter hinauszögern kann.

Was die strategische Bedeutung der neuen Regelung angeht, da schließt die Konvention die militärische Präsenz dritter Länder in der Kaspiregion aus. Die Kaspi-Anrainer dürfen ihr Gebiet auch nicht für eine Aggression oder für militärische Handlungen gegen einen der Unterzeichner zur Verfügung stellen. Sie wollen ein stabiles Gleichgewicht der Rüstungen am Kaspischen Meer sicherstellen.

Trotz dieser löblichen Absicht werden die militärische Aktivitäten Irans und Russlands aber größer sein als jene ihrer Partner. Moskau hat bereits die Verlegung seiner Kaspischen Flotte aus Astrachan nach Kaspijsk in Dagestan angekündigt. Der neue Marinestützpunkt soll 2020 fertig werden. Daneben sah sich der kasachische Außenminister Kairat Abdrachmanow gezwungen, Meldungen über eine Zusammenarbeit seines Landes mit den USA entgegenzutreten. Es handle sich dabei nicht um Militärstützpunkte, sondern um Eisenbahntransporte »nicht tödlicher Frachten« nach Afghanistan.

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