Heil gibt sein Okay für Beitragssenkungen
LINKE kritisiert Plünderung von Sozialkasse
Offenbar ist Bundesarbeitsminister Hubertus Heil eine gute Stimmung in der Großen Koalition wichtiger als eine gut aufgestellte Bundesagentur für Arbeit (BA). So signalisiert er Bereitschaft, dem Drängen der Union nachzugeben und die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung stärker als im Koalitionsvertrag vereinbart zu senken. »Wenn wir bei der Qualifizierung und dem Schutz bei Arbeitslosigkeit zu guten Lösungen kommen, bin ich bereit, ein Stück darüber hinauszugehen«, sagte der SPD-Mann den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (Freitag). Bedingung wäre, dass kleinen und mittleren Unternehmen bei Weiterbildungen geholfen werde und der Schutz der Arbeitslosenversicherung künftig für alle gelte, die mindestens zwölf Monate innerhalb von drei Jahren Beiträge gezahlt haben. Derzeit gilt der Schutz für jene, die in den letzten zwei Jahren mindestens zwölf Monate in die gesetzliche Versicherung eingezahlt haben.
Der Beitragssatz, den Unternehmen und Angestellte zu gleichen Teilen zahlen, liegt bei drei Prozent. Laut Koalitionsvertrag soll er um 0,3 Prozentpunkte sinken, aus der Union wurden jüngst Forderungen von 0,6 beziehungsweise 0,7 Prozentpunkten laut. So weit will Heil nicht gehen: »Ich werde nicht die Kassen plündern, nur weil sich die Union das wünscht.«
Für die LINKE ist jegliche Absenkung der Beiträge ein Tabu. »Auf Geheiß der Union will der Arbeitsminister die Kassen plündern, die benachteiligten Menschen zugutekommen sollten«, erklärte Parteichef Bernd Riexinger. »Wir brauchen eine bessere Ausgestaltung der Arbeitslosenversicherung, und dazu sollte das Geld verwendet werden«, sagte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der LINKE-Bundestagsfraktion, Sabine Zimmermann, dem »nd«. Ihre Partei fordere stattdessen einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nach sechs Monaten Beschäftigung innerhalb von drei Jahren sowie einen Rechtsanspruch auf qualifizierte Förderung und Weiterbildung für Erwerbslose und Beschäftigte. »Das ist finanzierbar, wenn der Beitrag stabil bleibt«, so Zimmermann.
Die BA dringt auf eine schnelle Entscheidung, damit sie den Haushalt für 2019 planen kann. Eine Beitragssenkung um 0,3 Prozentpunkte, wie von der Koalition bisher geplant, könne die Agentur »in jedem Fall einpreisen«, sagte BA-Vorstand Valerie Holsboer der »Neuen Osnabrücker Zeitung«. Bedingungen für eine Absenkung seien ein Haushalt ohne Defizit und eine Reserve von 20 Milliarden Euro für Krisenzeiten. Derzeit hat die BA Rücklagen in Höhe von rund 17,2 Milliarden Euro. Eine Absenkung der Beiträge um 0,6 Prozentpunkte, wie es die Union fordert, würde der Behörde 2019 ein Minus von 100 Millionen Euro bescheren. Kommentar Seite 2
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