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  • Lieferdienst schließt Standorte

Deliveroo verabschiedet sich aus zehn deutschen Städten

Der Lieferdienst war wegen schlechter Arbeitsbedingungen in die Schlagzeilen geraten. Nun schränkt er sein Angebot ein

  • Dennis Pesch
  • Lesedauer: 3 Min.

Vor etwas über einem Jahr gab der britische Startup-Lieferdienst Deliveroo bekannt, dass er sich in Deutschland breiter aufstellen werde. Der Online-Lieferservice setzte auf Wachstum durch Investitionen und belieferte neun weitere Großstädte neben Düsseldorf, Hamburg, Köln, Frankfurt und München. Nun folgt der Rückzug aus zehn Städten. In Essen, Dortmund, Dresden, Leipzig, Mainz, Stuttgart, Bonn, Düsseldorf, Hannover und Nürnberg werden die Kuriere in Kürze nicht mehr unterwegs sein. Der Lieferdienst informierte die Kunden und betroffenen Mitarbeiter kürzlich per E-Mail darüber.

Dabei geht dem Unternehmen auch ein Standort verloren, von dem Deutschland-Chef Felix Chrobog im Juli 2017 gegenüber NGIN-Food behauptet hatte: »Dort läuft es trotzdem gut.« Trotzdem? Deliveroo zog in Deutschland vor allem dem Startup-Lieferdienst Foodora hinterher und ist dabei auf Investitionen angewiesen.

Rund 860 Millionen US-Dollar wurden bisher in das 2013 gegründete Unternehmen gepumpt. Die letzte große und bekannte Investition kam im September 2017 und umfasste 385 Millionen US-Dollar. In Deutschland hat es der Lieferdienst seit Beginn des Jahres mit wütenden Fahrradkurieren zu tun bekommen, die in Köln den ersten Betriebsrat bei Deliveroo gegründet hatten. In der Folge ließ der Lieferdienst alle befristeten Arbeitsverträge der Angestellten samt Betriebsrat auslaufen. Zudem stellte das Unternehmen keine Winterkleidung, zahlte Löhne teilweise nicht regelmäßig und schikanierte die Angestellten, die sich gegen die miesen Arbeitsbedingungen engagierten mit Abmahnungen. Deliveroo setzte in der Folge vor allem auf selbstständige Fahrer.

Gegenüber NGIN Food erklärte das Startup zur Schließung der Standorte: »Deliveroo tut es natürlich leid, dass wir an den Standorten, die wir schließen, auch das Arbeitsverhältnis mit unseren Fahrern beenden.« In den zehn Städten sind vom Ende des Arbeitsverhältnisses nur 136 Fahrer betroffen. Im September 2017 gab das Unternehmen an, 1050 Fahrer an allen Standorten zu beschäftigen. Sarah Jochmann ist Pressesprecherin der Initiative »Liefern am Limit«, die zu Beginn des Jahres aus der Betriebsratsgründung und dem Arbeitskampf gegen Deliveroo hervorging. Sie sieht verschiedene Gründe für den Rückzug. Mit 136 Fahrern in zehn Städten könne der Lieferdienst wohl kaum die vielen Restaurants und Kunden abdecken, sagt sie.

»Liefern am Limit« macht vor allem über die sozialen Medien Druck auf die Lieferdienste und veröffentlicht anonym Erfahrungen zu den Arbeitsbedingungen, die die Fahrer mit ihnen teilen. »Die Schicksale haben bei der Bevölkerung Betroffenheit hervorgerufen«, so Jochmann. Der größte Fehler Deliveroos sei gewesen, die Verträge des Betriebsrates in Köln nicht zu verlängern. »Unsere Negativ-Kampagne hat schon dazu geführt, dass viele Menschen angefangen haben umzudenken«, sagt sie. Zuletzt versuchte das Unternehmen, die Arbeitsbedingungen für die Selbstständigen leicht zu verbessern, indem es einen Bonus pro 25. ausgefahrener Lieferung von 50 Euro auszahlte und die Arbeitskleidung ohne Kaution stellte. Jochmann mutmaßt, dass die Bewerbungen ausgeblieben sind, weil die Arbeitsbedingungen bei Foodora und Lieferando besser seien.

Zudem fährt das Geschäft seit der Gründung konstant etwa so hohe Verluste wie Umsätze ein. Laut Geschäftsbericht des Jahres 2016 lag der Verlust bei 128 Millionen Pfund. Die Lieferdienste spekulieren offenbar auf eine spätere Monopolstellung, damit sie dann die Preise beliebig nach oben treiben und schwarze Zahlen schreiben können. »Die versuchen, die Kosten natürlich zu drücken, wo es nur geht«, sagt Jochmann.

Deliveroo versuchte das vor allem durch das Auslaufen der Verträge von befristeten Angestellten. Dass es nun in der Abschiedsmail des Startups an die Kunden heißt: »Wir sehen es als unsere Pflicht an, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, unseren Kunden einen erstklassigen Service und Speisen in Restaurantqualität zu bieten«, empfindet Jochmann als zynisch. Sie hatte sich Anfang des Jahres gegen die miesen Arbeitsbedingungen organisiert, weil Deliveroo ihr vor Weihnachten ihren Lohn nicht ausgezahlt hatte.

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