Vier-Länder-Format für Syrien
Beide Seiten bewerten die Ergebnisse des Treffens Merkel - Putin betont sachlich
Wladimir Putin reiste aus Österreich an. In der Steiermark hatte er an der Hochzeit von Außenministerin Karin Kneissl teilgenommen. Zu seinem »sehr netten und privaten Besuch«, wie Putin selbst die Kurzvisite nannte, war er mit einem Donkosaken-Chor angereist, der die präsidialen Wünsche an das Brautpaar stimmgewaltig untermalte.
Österreich pflegt seit jeher eine selbstbewusste Ostpolitik. Nach Berlin kam Putin ohne Chor - womöglich, um keinen staatszeremoniellen Verdacht aufkommen zu lassen. Denn auch wenn, wie die »Süddeutsche Zeitung« unter Berufung auf das Presseamt schreibt, Bundeskanzlerin Angela Merkel und der russische Präsident seit Sommer 2013 mindestens 54 Mal miteinander telefonierten und es zu 15 persönlichen Begegnungen kam, sind die offiziellen Beziehungen seit 2014 auf ein Mindestmaß reduziert.
Auf Schloss Meseberg, dem Gästehaus der Bundesregierung, empfing Merkel den Präsidenten zum reinen Arbeitsbesuch, wie beide Seiten bemüht betonten. Dem Vernehmen nach ging es um alle Krisenthemen dieser Tage - Syrien, Ostukraine, die Erdgasleitung North Stream 2. Über die Verwerfungen in den internationalen Handelsbeziehungen auch mit Russland zu sprechen, dürfte angesichts der Sanktionen, an denen Deutschland unbeirrt festhält, zumindest nur eingeschränkt möglich gewesen sein.
Vor dem Treffen am Samstagabend hatten beide Politiker ihre Erwartungen in kurzen Erklärungen deutlich gemacht. Merkel warnte vor einer humanitären Katastrophe in der syrischen Provinz Idlib, wo das letzte Aufgebot der vom Westen unterstützten Rebellen sich versammelt hat und wo eine Offensive der syrischen Armee und ihrer russischen Verbündeten offenbar unmittelbar bevorsteht. Putin sprach sich für humanitäre Hilfe des Westens in Syrien aus, damit Flüchtlinge auch aus Europa zurückkehren könnten - was allerdings das wenigstens schweigende Eingeständnis des Westens voraussetzt, dass seine Strategie des Regime-Change in Syrien gescheitert ist.
Die Gespräche zwischen Merkel und Putin wurden als vertraulich bezeichnet, die Kanzlerin hatte zuvor mitgeteilt, sie erwarte »keine speziellen Ergebnisse«. Anschließend hieß es, alle Themen seien behandelt worden. So auch die Ostukraine, wo Deutschland für eine UN-Blauhelmtruppe wirbt. Putins Sprecher Dmitri Peskow verriet immerhin etwas mehr, als er davon sprach, man wolle gemeinsam mit Frankreich und der Türkei ein neues Format zur Stabilisierung Syriens schaffen - zunächst auf Expertenebene. Nach Peskows Angaben waren sich Merkel und Putin darüber einig, die umstrittene Erdgas-Fernleitung North Stream 2 durch die Ostsee gegen drohende US-Sanktionen zu verteidigen. US-Präsident Donald Trump hatte gewettert, Deutschland begebe sich damit in eine russische Abhängigkeit, werde zum »Gefangenen Russlands«. Mit Agenturen
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