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LINKE verbündet sich mit der CDU

In Ostprignitz-Ruppin unterzeichneten die Parteien ein Abkommen zur Wahl des Landrats

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

Auf Bundesebene wird gerade heftig darüber gestritten, ob es für die CDU denkbar wäre, mit der Linkspartei zu koalieren. Nun wird es im Landkreis Ostprignitz-Ruppin einfach ausprobiert. Die Kreisvorsitzenden Jan Redmann (CDU) sowie Rita Büchner und Paul Schmudlach (LINKE) unterschrieben am Montagnachmittag im Hinterzimmer eines Neuruppiner Steakhauses eine Kooperationsvereinbarung.

Konkret geht es darum, Egmont Hamelow (CDU) am 6. September zum neuen Landrat zu wählen - und später einen Vertreter der Linkspartei zum Vizelandrat (da gibt es noch keinen Namen). Weil CDU und LINKE zusammen keine Mehrheit im Kreistag haben, gibt es bei dieser auf acht Jahre angelegten Kooperation noch einen dritten Partner - eine Fraktion, die aus Bauern, Wählergemeinschaften und FDP zusammengesetzt ist. Für die unterschrieb der Vorsitzende Ralph Bormann.

Fakten
  • Im Kreistag Ostprignitz-Ruppin hat die SPD elf Sitze, CDU zehn, LINKE acht, Grüne vier Sitze und Freie Wähler zwei. Zusätzlich gibt es eine gemeinsame Fraktion der Bauern, freier Wählergemeinschafter und der FDP mit zehn Sitzen.
  • Bei der Landratswahl am 22. April hatte Ralf Reinhardt (SPD) 40,7 Prozent der Stimmen erhalten, Sven Deter (CDU) 27,6, Christian Scherkenbach (für LINKE) 15,7, Hans-Georg Rieger (Freie Wähler) 5,3 und Petra Hentschel (AfD) 10,7 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 32,4 Prozent.
  • Die Landratsstichwahl am 6. Mai gewann Ralf Reinhardt (SPD) mit 59 Prozent. Sein Konkurrent Sven Deter (CDU) kam da auf 41 Prozent. Bei einer geringen Wahlbeteiligung von 24,6 Prozent verfehlte Reinhardt allerdings das vorgeschriebene Quorum. In Brandenburg muss der Sieger einer Landratswahl mindestens 15 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten erhalten. Ansonsten – und das war hier der Fall – gilt die Direktwahl durch die Bürger nicht. Der neue Landrat wird dann durch den Kreistag bestimmt. af

Eine derartige Zusammenarbeit zwischen CDU und LINKE hat es im Land Brandenburg bisher noch nicht gegeben. Zwar hat die LINKE früher mal einen CDU-Politiker in der Prignitz zum Landrat gewählt. Damals gab es sogar auch schon Vereinbarungen. Doch die sind nie veröffentlicht worden. Das es sie überhaupt gegeben hat, ist erst später hinter vorgehaltener Hand verraten worden.

Nun also in Ostprignitz-Ruppin ein Bündnis mit Brief und Siegel, eine Vereinbarung, die jeder im Internet nachlesen kann. Wie ist es dazu gekommen? Das habe mit den Verhältnissen vor Ort zu tun, versichert LINKE-Kreischef Schmudlach. Es sei nicht als Testlauf für eine Koalition in Brandenburg nach der Landtagswahl 2019 gedacht.

Vor acht Jahren hatte sich die LINKE mit der SPD auf den aktuellen Landrat Ralf Reinhardt verständigt. Doch Reinhardt und die SPD haben sich schon wenige Tage nach der Wahl nicht mehr an ihre Zusagen gebunden gefühlt, bedauert die LINKE enttäuscht. Darum gab es keine große Begeisterung bei dem Gedanken, es noch einmal zu versuchen. Als Grundlage für Verhandlungen hatte die LINKE ihre Vorstellungen in einem Papier zusammengefasst, das sie der SPD und der CDU übermittelte. Die SPD sei zu einem Gespräch mit diesem Text gekommen, der zu 80 Prozent grün angestrichen war, erinnert sich Schmudlachs LINKE-Kovorsitzende Büchner. Diese Dinge teile die SPD, habe die Unterbezirksvorsitzende der Sozialdemokraten mitgeteilt. Aber eine schriftliche Vereinbarung habe die SPD nicht unterzeichnen wollen, stattdessen einen eigenen Text entworfen - »mit wollen, könnte, sollte, machen wir vielleicht«, beschreibt Linksfraktionschef Freke Over den Inhalt des SPD-Papiers. Das war den Sozialisten gerade nach den Erfahrungen vor acht Jahren zu wenig. Sie wollten Zusagen, auf die sie sich verlassen können. Mit Unterschrift zu ihrem Wort zu stehen, dazu war die CDU bereit. Innerhalb von drei Wochen einigten sich die Partner auf die Details. Die Linksfraktion und der Kreisvorstand gaben einstimmig ihren Segen. Trotzdem könnte die ungewöhnliche Einigung an der Basis Befremden auslösen. Schmudlach rechnen fest mit kritischen Nachfragen.

Aber in der Vereinbarung mit der CDU sei alles drin, was sich die LINKE gewünscht habe, beispielsweise mehr Zuschüsse für Jugend und Kultur, die Einführung eines Bürgerhaushalts, zusätzliche Busverbindungen und die Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte für Asylbewerber (andere Landkreise habend diese Karte schon lange).

Die CDU plakatierte in den Zeiten der deutschen Teilung den Slogan »Freiheit statt Sozialismus«. Jetzt heiße es für die CDU in Ostprignitz-Ruppin »Freiheit und Sozialismus«, schmunzelt Linksfraktionschef Over. Für den CDU-Kreisvorsitzenden Redmann ist dagegen sonnenklar, der Sozialismus werde hier nicht eingeführt. Es solle »natürlich« auch kein Testlauf für die Landtagswahl sein. Denn nach wie vor gebe es deutliche Unterschiede bei den politischen Ansichten von CDU und LINKE. Das zeige die Debatte um das brandenburgische Polizeigesetz. Doch im Kreistag werden keine Gesetze beschlossen, betont Redmann. Auf kommunaler Ebene betrete man auch »kein Neuland«, da habe es anderswo die Zusammenarbeit von CDU und LINKE bereits gegeben.

In einem extra Mitgliederbrief erklären Schmudlach, Büchner und Over ihren Genossen die Entscheidung für die CDU. Die LINKE erhofft sich mit Egmont Hamelow als Landrat einen kooperativen Politikstil. Hamelow ist im Moment noch Vizelandrat in Oberhavel. Er sprach am Montag von einer »sicherlich großen Überraschung für viele, auch für mich«. Doch am meisten Spaß mache Politik mit stabilen Mehrheiten, und durch die Kooperation habe man nun eine stabile Mehrheit. Allerdings finden bereits im kommenden Jahr Kommunalwahlen statt.

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