Ex-Kanzler als Vorplatzhirsch

Bremens CDU möchte die Fläche vor dem Hauptbahnhof nach Helmut Kohl benennen - es gibt Kritik und Spott

  • Cäcilie Bachmann, Bremen
  • Lesedauer: 3 Min.

Als eine Bremer Weser-Brücke sieben Jahre nach dem Tod des ehemaligen Bundespräsidenten Karl Carstens nach diesem benannt wurde, gab es in der Hansestadt massive Kritik, weil Carstens Mitglied der NSDAP gewesen war. Die Angelegenheit wurde fortan typisch bremisch behandelt: Einheimische sprechen - wie vor der Umbenennung - schlicht von der »Erdbeerbrücke«, obwohl das nie ihr offizieller Name war. Nur Auswärtige nennen die Karl-Carstens-Brücke bei ihrem offiziellen Namen.

Ähnlich verhält es sich mit der Wilhelm-Kaisen-Brücke. Sie ist nach dem ersten Nachkriegsbürgermeister Bremens benannt und trägt diesen Namen seit fast 60 Jahren. Da sie an jener Stelle errichtet wurde, an der immer ein Große Weserbrücke genanntes Bauwerk stand, gebrauchen viele Bremer noch heute diese Bezeichnung.

Nun aber geht es um Helmut Kohl, dem der hansestädtische CDU-Landesvorstand gerade mal ein Jahr nach dessen Tod einen Platz widmen will. Das löste eine Lawine der Kritik aus. Einige Argumente und Einwürfe sind besorgt und ernsthaft, andere witzig bis despektierlich.

Für Kritik sorgt da zunächst der doch recht kurze Zeitabstand zwischen Kohls Ableben und dem Bestreben, ihm einen Ort im öffentlichen Raum zu widmen. Die Bremer CDU kontert, dass in der Stadt viele ehemalige Bundeskanzler geehrt werden mit einer Straße oder einem Platz, was bei Konrad Adenauer zwar lange dauerte, aber ansonsten recht zügig umgesetzt wurde. Lediglich den beiden Helmuts - Schmidt und Kohl - sei diese Ehre noch nicht zuteilgeworden.

Die Wahl des Ortes bietet ebenfalls Vorlagen für zum Teil boshafte Reaktionen. Es ist der Platz vor dem Ausgang des Hauptbahnhofs, der Richtung Innenstadt liegt. Er heißt offiziell »Bahnhofsvorplatz« und ist ständig Stadtgespräch wegen mangelnder Sicherheit und Verschmutzung, auch mit Fäkalien und Urin. Ganz böse Zungen bemühten deshalb das Bremer Nationalgericht »Kohl und Pinkel« als Kommentar.

Als Pluspunkt für die Wahl des Ortes auf der Vorseite des Bahnhofs wird seitens der CDU angeführt, dass der Platz vor dem hinteren Ausgang, der in Richtung des riesigen Bürgerparks liegt, nach Willy Brandt benannt ist. Hinzu kommt der »Platz der Deutschen Einheit«, der dem Bahnhofsvorplatz vorgelagert ist. Das ergebe insgesamt ein schönes »Einheits-Dreieck«, heißt es seitens der CDU.

Das dritte große Thema für abfällige bis verärgerte Kommentare liegt in den Augen der Kritiker in Kohls Arbeitsergebnissen, insbesondere den Folgen der deutschen Einheit für Ostdeutschland. Kohls Metapher von den »blühenden Landschaften« scheint dabei der Reizpunkt schlechthin zu sein. Auch in Bremen sehen nicht eben wenige statt dieser Landschaften vor allem Verlierer - Menschen und ganze Regionen. Und so gibt es denn auch etliche ironische Vorschläge. Wenn der Bahnhofsplatz schon umbenannt und dabei an Helmut Kohl erinnert werden soll, wäre es das Beste, den oft ungastlichen Ort »Blühende Landschaften« zu taufen, heißt es zum Beispiel.

Andere Vorschläge gehen in die Richtung, einen dunklen Tunnel, von denen es in Bahnhofsnähe einige gibt, nach Helmut Kohl zu benennen. Oder eine Sackgasse. Oder am besten einen dunklen Tunnel, der am Ende in eine Sackgasse mündet.

Die Bremer CDU will Kohl allerdings nicht nur für die deutsch-deutsche Einheit ehren, sondern auch für dessen Aussöhnungspolitik und für die Vereinigung Europas. Die Bremer SPD weist auf das übliche Verfahren zur Straßenbenennung hin, in dem die Stadtteilbeiräte die Initiative übernehmen müssen. Die Bremer LINKE will » keinen Bahnhof mit Helmut Kohl auf der Vorderseite«.

Angesichts des Umgangs der Bremer mit besagten Weserbrücken ist allerdings ohnehin kaum zu erwarten, dass die Umbenennung des Bahnhofvorplatzes in »Helmut-Kohl-Platz« von den Hansestädtern tatsächlich zur Kenntnis genommen wird.

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