Nur Pegida hielt zu den Identitären

Hunderte Teilnehmer bei »Seebrücke«-Demonstration und Platzkonzerten protestierten gegen Veranstaltung der völkischen Nationalisten

  • Henrik Merker
  • Lesedauer: 3 Min.

Bis zu 1500 Dresdner demonstrierten am Sonnabend gegen eine geplante Großveranstaltung der Identitären Bewegung und für die Rechte von Geflüchteten. Mit Platzkonzerten positionierte sich auch die Dresdner Musikszene gegen die Rechtsextremen und wurde dabei von Oberbürgermeister Dirk Hilbert unterstützt. Auf der Identitären-Veranstaltung wurden derweil Journalisten angegriffen und mehrere Strafverfahren eingeleitet.

Unter dem Motto »So klingt Dresden« hatten die städtischen Musikfestspiele, das Staatsschauspiel und viele Unterstützer zu musikalischen Kundgebungen in der ganzen Stadt aufgerufen. Man wollte einen Kontrapunkt setzen, die Rechtsextremen sollten mit ihrem Slogan »Europa Nostra« nicht das Stadtbild dominieren – es hat funktioniert. An öffentlichen Gebäuden und Hochhäusern wurden Transparente mit dem Slogan »Unsere Identität heißt Vielfalt« angebracht, den Rechten sollte schon die Anreise vermiest werden.

Die Rechten wollten nach außen gesittet und friedlich auftreten, doch das scheiterte spätestens mit dem Erscheinen der Pegida-Anhänger. Die standen am Eingang Schlange und bezahlten für »Solidaritätstickets« 25 bis 55 Euro. Viele glaubten sie müssten bezahlen, um an der Veranstaltung teilzunehmen. Doch bei öffentlichen Versammlungen darf kein Eintrittsgeld kassiert werden.

Am Montag zuvor hatten Alexander »Malenki« Kleine und Lutz Bachmann bei Pegida dazu aufgerufen, an dem vermeintlich großen Fest teilzunehmen. Bachmann selbst kündigte an zu kommen, schickte am Ende aber nur seinen Stellvertreter Siegfried Däbritz. Der pöbelte den Gegenprotest an und musste mehrfach zur Ordnung gerufen werden. Däbritz folgte eine ganze Abordnung Pegidas, die den Altersschnitt der betont jugendlichen Veranstaltung auf Ü50-Niveau anhob.

Selbst mit der Pegida-Unterstützung konnten die Identitären ihr Ziel von 800 Teilnehmern nicht annähernd erreichen, höchstens 500 verirrten sich im Nieselregen auf die Cockerwiese hinter dem Dresdner Hygienemuseum.

Der Leipziger Grünen-Politiker Jürgen Kasek hatte eine Gegenveranstaltung direkt am Identitären-Gelände angemeldet, bei der rund 50 junge Leute zur Musik der elfköpfigen Brass-Band Banda Comunale tanzten. Was man solchen Veranstaltungen wie in Dresden und Berlin entgegensetzen kann? »Ein Verbot ist die Ultima Ratio«, sagt Kasek. »Hier ist eindeutig die Zivilgesellschaft gefragt – man kann nicht immer darauf warten, dass der Staat eingreift«.

Und die Zivilgesellschaft kam am Nachmittag gemeinsam zum Gegenprotest. Aus der Dresdner Neustadt hatte sich die Seebrücke-Demonstration auf den Weg gemacht. Anfangs waren 500 dem Aufruf für Seenotrettung und gegen Rassismus gefolgt, bis in die Altstadt wuchs die Demo auf 1500 Teilnehmer an. Dem Protest mit Musik, Tanz und antirassistischen Parolen standen gerade mal 300 Identitäre und Pegidas gegenüber. Eine Reiterstaffel der Polizei und ein Bauzaun hielten die Rechten in Schach.

Doch die wurden dadurch noch aggressiver, als ohnehin schon. In einer nahegelegenen Hooligan-Kneipe hatten sich Ordner der völkische Identitären Mut angetrunken. Und die nahmen nun Journalisten in den Fokus. Ein Dutzend Reporter war von Beginn an auf dem Veranstaltungsgelände. Erlaubt war das, die Völkischen hatten ihr Fest als öffentliche Versammlung angemeldet. Als zwei Journalisten einen Redner fotografieren wollten, gerieten die Rechten in Rage. Sie griffen zur Gewalt: »Verpisst euch! Eure Arbeit ist jetzt zu Ende!«, brüllten mehrere Ordner. Sie drängten alle in der Nähe stehenden Reporter zusammen, schlugen gegen Kameras, beleidigten und schubsten – bis die Polizei eingriff und sechs Rechtsextreme abführte, darunter mehrere Ordner.

In den letzten 16 Monaten sollen Identitäre insgesamt 114 Straftaten begangen haben, erklärt das Bundesinnenministerium auf eine Kleine Anfrage der Linksparteiabgeordneten Martina Renner. Die Zahl ist mit dem Wochenende weiter gestiegen.

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