Macron fordert europäische Verteidigung
Französischer Präsident hielt außenpolitische Rede
Vor etwa einem Jahr hatte der gerade zum Präsidenten gewählte Emmanuel Macron den neuen Aufschwung und die Dynamisierung des Europaprozesses zur absoluten Priorität erklärt. Diese Zielrichtung bekräftigte er am Montag in einer Rede vor der alljährlichen Konferenz der 180 französischen Botschafter. Dies umso mehr, als die bevorstehenden Monate weitgehend im Zeichen der Europawahlen 2019 stehen werden.
Macron musste bei seiner Rede allerdings einräumen, dass es auf dem von ihm vorgezeichneten Weg größere Hindernisse gibt als erwartet - hinsichtlich der unterschiedlichen Haltungen der EU-Länder zur finanziellen und wirtschaftlichen Integration, vor allem aber bezüglich Frage, wie mit der Migration nach Europa umzugehen sei.
»Europa kann seine Sicherheit nicht länger allein in den Händen der USA lassen«, mahnte der Präsident, der eine »europäische Verteidigungsarchitektur« anstrebt und feststellte, dass die EU auf diesem Gebiet noch nie so zügig vorangekommen sei wie gegenwärtig. Ein wichtiges Datum für ein Zusammentreffen der Europäer mit US-Präsident Donald Trump werde das Pariser Friedensforum am 11.November sein, so Macron.
Die Zukunft Europas sieht der französische Präsident ohne die Türkei, die nicht mehr der von Mustafa Kemal Atatürk gegründete Staat sei. »Wozu also weiter verhandeln«, fragte er mit Blick auf die EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara. Auch weitere Aufnahmen in die EU stünden nicht auf dem Programm, zumal der Brexit-Prozess noch offen sei und der Populismus in Europa gefährlich an Boden gewinne. Macron verurteilte den Opportunismus von Ländern wie Ungarn oder Italien, die »Geld von Europa nehmen, ohne unsere Werte zu teilen, nicht zuletzt hinsichtlich der Flüchtlinge«. Um deren Zustrom in die EU zu begrenzen, kündigte Macron für 2019 eine Aufstockung der Entwicklungshilfe für Afrika um eine Milliarde Euro an. Damit mache sie künftig 0,55 Prozent des französischen Bruttosozialprodukts aus. Bislang sind es 0,4 Prozent.
Breiten Raum nahm in der Rede die Situation in und um Syrien ein. Ohne die französische Botschaft in Damaskus wieder zu öffnen, hat der Präsident dieser Tage den früheren Geheimdienstchef und bisherigen Botschafter in Iran, François Sénémaud, zum Sonderbotschafter für Syrien ernannt. »Wir befinden uns zweifellos in der letzten Phase dieses Krieges, aber die Situation für die Zivilbevölkerung ist alarmierend«, sagte Macron, der für eine politische Lösung unter Einbeziehung aller »interessierten« Länder plädiert.
Dabei verspreche er sich viel von Russland und der Türkei. »Es kann sich aber mit der Zerschlagung des Islamischen Staates nicht um eine Rückkehr zur Lage vor dem Krieg handeln, mit dem Verbleib von Baschar al-Assad an der Macht, der Rückkehr der Flüchtlinge aus Jordanien, dem Libanon und der Türkei, und einem weitgehend durch Europa und andere Länder getragenen Wiederaufbau«, sagte Macron. Eine solche »Pseudo-Normalisierung« sei der falsche Weg.
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