Syrer mit Eisenkette verprügelt
Übergriffe auf Migranten in Thüringen und Mecklenburg
Wismar. Ein Zuwanderer ist in einem Park in Wismar im Kreis Nordwestmecklenburg mit einer Kette geschlagen und verletzt worden. Der 20-jährige Syrer erlitt einen Nasenbeinbruch und Prellungen, konnte aber nach ambulanter Behandlung die Klinik wieder verlassen, wie ein Polizeisprecher am Donnerstag in Rostock sagte. Da ein fremdenfeindliches Motiv vermutet werde, sei der Staatsschutz eingeschaltet worden. Der Geschädigte gab an, am späten Mittwochabend allein auf dem Heimweg von drei Deutsch sprechenden Männern angegriffen worden zu sein. Er wurde am Donnerstag nochmals vernommen, teilte die Polizei mit.
Die Tat sorgte für Entsetzen. Sozialministerin Stefanie Drese (SPD) sprach von einem abscheulichen Vorfall. »Wir dürfen nicht zulassen, dass eine fremdenfeindliche Stimmung um sich greift, die Wegbereiterin solcher Taten ist.« Die Ministerin erinnerte an die Vorkommnisse in Rostock-Lichtenhagen 1992. »Hier ist neben der staatlichen Ebene auch die Zivilgesellschaft gefordert, offensiv für unsere Werte von Freiheit, Weltoffenheit, Akzeptanz und Solidarität einzutreten.«
Wismars Bürgermeister Thomas Beyer (SPD) zeigte sich entsetzt. Die Tat sei Ausdruck der »Pogromstimmung« in Deutschland, diese schwappe nun auch auf Wismar über, sagte er dem Sender NDR 1 Radio MV. Seine Befürchtungen seien wahr geworden. Allerdings sei dies in der Hansestadt nicht der Alltag. In Wismar gebe es eine aktive Stadtgesellschaft, die mit friedlichen Mitteln dagegenhalte. So hätten sich am vergangenen Montag etwa 70 Menschen einer Mahnwache der AfD entgegengestellt.
Der junge Syrer war nach Polizeiangaben von den Unbekannten zunächst ausländerfeindlich beschimpft worden, dann sollen zwei der Täter ihn mit Fäusten angegriffen haben. Der Dritte habe mit einer Eisenkette gegen seine Schulter und Rippen geschlagen. Als er dann zu Boden ging, sei er getreten worden. Anschließend seien die Täter geflohen. Gestohlen wurde nichts.
Der Geschädigte lebt in Wismar. Der Status des Mannes, also inwieweit ein möglicher Asylantrag bewilligt wurde, war zunächst nicht klar. In Mecklenburg-Vorpommern werden nur Zuwanderer auf Kommunen verteilt, die Aussicht auf Asyl haben.
Derweil ist ein 33-jähriger Eritreer im thüringischen Sondershausen bei einem Streit mit Schlägen und Tritten gegen den Kopf schwer verletzt worden. Zunächst soll es am Mittwochabend einen minutenlangen Streit zwischen ihm und einer anderen Personengruppe gegeben haben, der dann in den körperlichen Attacken endete. »Wir stehen noch völlig am Anfang der Ermittlungen«, sagte eine Polizeisprecherin am Donnerstag. So sei noch nicht klar, mit wem der 33-Jährige derart aneinandergeraten sei und warum. Nach Angaben der Sprecherin ist der Eritreer für die Polizei kein »unbeschriebenes Blatt«. Er sei bereits wegen Körperverletzungen aufgefallen.
Nach Aussagen von Zeugen seien bei der Auseinandersetzung ausländerfeindliche Worte gesagt worden. Aber auch der Eritreer soll immer wieder die Männer auf der anderen Seite provoziert haben, hieß es. Die Polizei wertet derzeit Video- und Fotoaufnahmen vom Tatgeschehen auf dem Marktplatz aus. Die Zeugen sollen auch die Polizei verständigt und Erste Hilfe geleistet haben. dpa/nd
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