Immer mehr Protest gegen den Kerosinablass durch Großflugzeuge

Petition »Kerosinregen - Nein danke! Transparenz - Ja bitte!« sammelt 73.000 Unterschriften / besonders in Rheinland-Pflalz viele Fälle von »Fuel Dumping«

  • Karsten Packeiser, epd
  • Lesedauer: 3 Min.

Mainz. Beim letzten größeren Zwischenfall waren es gleich 92 Tonnen Treibstoff, die eine Frachtmaschine von Cargolux Ende Juli zwischen Pfälzerwald, Hunsrück und dem Saarland abregnen ließ. Immer wieder müssen Großraumflugzeuge nach dem Start außerplanmäßig landen, sind mit vollem Tank aber zu schwer dafür. Dann lässt der Pilot als Notmaßnahme Kerosin aus den Tanks ab, manchmal auch riesige Mengen. Bislang erfährt die Öffentlichkeit längst nicht in allen Fällen zeitnah von dem erfolgten Kerosinablass. Im besonders stark betroffenen Rheinland-Pfalz wollen sich immer mehr Menschen damit nicht abfinden.

»Wenn Sie in der Westpfalz unterwegs sind, sprechen die Leute Sie nicht auf die Flüchtlinge, sondern auf das Kerosin an«, berichtet der Mainzer SPD-Landtagsabgeordnete Martin Haller von seinen Besuchen im Wahlkreis. Längst ist dort die von der Luftfahrtbranche als alternativlos erklärte Praxis zum Politikum geworden: Kommunalparlamente verabschiedeten einstimmig Resolutionen, die Mainzer Landesregierung kündigte eine Bundesratsinitiative an.

Der Unmut gegen die Vorfälle sucht sich immer neue Bahnen: Die »Initiative Pro Pfälzerwald« - ursprünglich gegründet, um die Verschandelung des Pfälzerwalds durch Windkraftanlagen zu verhindern - hat für Sonntag zu einer Demonstration in der Nähe von Maikammer aufgerufen. »Die Politik neigt hier zu Intransparenz, Verharmlosung und einer Hinhaltetaktik«, heißt es in dem Demo-Aufruf. Eine Petition unter der Überschrift »Kerosinregen - Nein danke! Transparenz - Ja bitte!« hatte innerhalb kurzer Zeit bereits über 73.000 Unterschriften.

Rheinland-Pfalz ist vom »Fuel Dumping« wegen seiner Nähe zum Frankfurter Flughafen und Militärstützpunkten wie Ramstein stärker betroffen als alle anderen Bundesländer: Ein Drittel der jährlich rund 20 Fälle von Kerosinablass fanden im Luftraum über rheinland-pfälzischem Landesgebiet statt, besonders oft in der dünn besiedelten Gegend über dem Biosphärenreservat Pfälzerwald.

Den Pfälzern stinkt besonders, dass die Vorfälle nicht automatisch gemeldet und oft erst auf Abgeordneten- oder Journalistenanfragen öffentlich werden. »Es kann nicht sein, dass wir aus der Presse erfahren, dass über unserem Bundesland Kerosin abgelassen wurde«, ärgert sich Martin Haller. Die Mainzer Landesregierung dringt deshalb darauf, dass Landesbehörden von der Deutschen Flugsicherung (DFS) zeitnah informiert werden, denn dort müssen zumindest alle zivilen Flugzeuge melden, dass sie außerplanmäßig Treibstoff ablassen.

Das Bundesverkehrsministerium teilt auf epd-Anfrage mit, »wie im Koalitionsvertrag vereinbart«, werde derzeit mit der DFS ein Verfahren zur Information über erfolgte Treibstoffschnellablässe entwickelt. Warum dies nicht schon längst geschah und wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, kann oder will die Pressestelle nicht beantworten. »Minister Scheuer müsste jetzt mal aktiv werden«, fordert auch die Sprecherin der Pfälzerwald-Initiative, Cornelia Hegele-Raih.

Neben den fehlenden Informationen bemängeln die Bewohner der vom Kerosinablass betroffenen Regionen auch, dass die Risiken des Verfahrens nicht ausreichend erforscht worden seien. Dem offiziellen Standpunkt, in großer Höhe abgelassener Flugzeugtreibstoff verdunste fast vollständig, und es gebe daher fast keine messbaren Rückstände von Benzol und anderen giftigen Treibstoff-Bestandteilen, überzeugt längst nicht alle. »Wir haben zu wenige valide Daten«, sagt auch Martin Haller. »Eine der wenigen vorhandenen Studien ist 25 Jahre alt und bezieht sich auf Daten, die teilweise aus den 1950er Jahren stammen.«

Der Bund hat nun immerhin eine neue Untersuchung in Auftrag gegeben, die bis Ende des Jahres vorliegen soll. »Dieses Gutachten ist unbefriedigend, weil keine neuen Daten erhoben werden«, kritisiert die Aktivistin Hegele-Raih. Stattdessen würden nur Erkenntnisse anderer Studien zusammengetragen. Eine Studie ohne neue Zahlen dürfte den Unmut in Rheinland-Pfalz kaum beenden.

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