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Neuer Anlauf in Genf

Vermittlungsversuch der UN und Angriffe in Idlib

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.

Es sind erst einmal vertrauliche Gespräche, mit denen der UN-Sondergesandte Staffan de Mistura in Genf unter der Ägide der Vereinten Nationen erneut den politischen Befreiungsschlag im Syrien-Krieg versuchen will. Am Montag traf er sich hinter verschlossenen Türen in Einzelgesprächen mit Vertretern Russlands, Irans und der Türkei, die auf einem eigenen Syrien-Gipfel vergangenen Freitag allerdings zu keiner Einigung für konkrete Lösungen angesichts der akuten Gefährdung Hunderttausender Zivilisten in der umkämpften Provinz Idlib gefunden haben. In einer vage gehaltene Erklärung der Präsidenten Wladimir Putin, Recep Tayyip Erdogan und Hassan Ruhani hieß es lediglich, man sei weiterhin entschlossen, die Bevölkerung zu schützen und die humanitäre Situation zu verbessern. Zugleich wolle man gemeinsam die Operationen gegen Terroristen fortsetzen, die mit Al Qaida oder der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) verbunden seien. Im Kampf gegen den Terror solle jedoch zwischen Extremisten und anderen Oppositionsgruppen unterschieden werden.

De Mistura will nun aber nicht nur Idlib zum Thema machen, sondern drängt auf die Bildung einer verfassungsgebenden Versammlung für Syrien - in der Hoffnung, damit ein Fundament für neue Friedensgespräche zu legen. Am Dienstag sollen alle Delegationen gemeinsam am Tisch sitzen, Ende der Woche dann Treffen mit Vertretern mehrerer westlicher und arabischer Staaten, darunter auch Deutschlands.

Doch schon jetzt werden die Gespräche von der drohenden Militäroffensive der syrischen Armee auf die letzte von Rebellen gehaltene Stadt und Region Idlib überschattet. Fast die Hälfte der dort lebenden etwa drei Millionen Menschen wurde schon mindestens einmal vertrieben. Auch am Montag gab es wieder eindringliche Warnungen vor den verheerenden humanitären Folgen einer drohenden finalen Schlacht in Syrien. Am Wochenende trafen nach Angaben von Aktivisten über 150 Bombenangriffe den Süden der Provinz Idlib und den Norden der angrenzenden Region Hama. Unabhängig überprüfen lassen sich solche Angaben nur schwer, was auch mit Blick auf befürchtete Chemiewaffeneinsätze ein Problem ist. Für diesen Fall bereite man erneut militärischen Optionen vor, warnte US-Generalstabschef Joseph Dunford jetzt nachdrücklich.

Am Montag habe die syrische Armee erneut Ziele in der Rebellenhochburg beschossen, so Rettungshelfer der umstrittenen Weißhelme. Das Artilleriefeuer zielte auf Gebiete im Nordwesten. Sechs Menschen seien dabei verletzt worden, als Granaten neben einer Schule nahe dem Ort Dschardschanas einschlugen. De Mistura hatte schon am Wochenende im UN-Sicherheitsrat einen Plan für den Rückzug von Rebellen aus bewohnten Gebieten in Idlib vorgelegt. Bewaffnete Islamisten sollten in einem bestimmten Zeitraum unbehelligt abziehen dürfen. Doch auch da dominiert erhebliche Skepsis, denn eine Verständigung mit der syrischen Führung gab es über diese Idee bislang nicht. Ganz davon zu schweigen, dass völlig unklar ist, wohin die Dschihadisten ziehen sollen. In Moskau geht man insgesamt von 40 bis 45 bewaffnete Gruppen mit bis zu 50 000 aktiven Mitgliedern aus.

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