Original oder Parodie

Obwohl die Reform des EU-Urheberrechts Uploadfilter nicht explizit vorschreibt, werden diese flächendeckend zum Einsatz kommen

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach langem Ringen verabschiedete das EU-Parlament am Mittwoch seine Position zur Reform des Urheberrechtes. Zwar ist die Novelle der seit 2001 bestehenden Regelung damit noch nicht durch, weil nun die Verhandlungen mit den EU-Staaten anstehen, doch Kritiker befürchten, dass es am Entwurf kaum noch zu Änderungen kommen dürfte. Besonders umstritten ist die geplante Neuregelung, wonach Betreiber von Internetplattformen jedes von Nutzern hochgeladene Bild, jede Tonaufnahme und jedes Video vor der Veröffentlichung prüfen müssen. Alexander Fanta warnt auf netzpolitik.org: »Erfüllen lässt sich die Verpflichtung nur mit Software-Filtern, die für kleine Anbieter schwer leistbar sind und bei den großen Plattformen bereits fälschlicherweise Inhalte aus dem Netz fegten.«

Fanta erinnert an einen Fall aus diesem Frühjahr, als die feministische Gruppe Pinkstinks Opfer eines bereits von Youtube eingesetzten Filterprogramms wurde. Am Tag vor dem Staffelstart der Castingsendung »Germany’s Next Topmodel« veröffentlichte die Gruppe ein Musikvideo, das sich kritisch mit dem in der Sendung präsentierten Frauenbild auseinandersetzt. Als nun wiederum Ausschnitte dieses Clips in einer RTL-Sendung gezeigt wurden, ging Youtubes Algorithmus fälschlicherweise davon aus, Pinkstinks hätten auf urheberrechtlich geschütztes Material des Kölner Senders zurückgegriffen. Die Folge: Das Musikvideo »Not Heidi’s Girl« wurde bei Youtube gesperrt.

Auch Patrick Beuth warnt bei spiegel.de vor den Folgen von Uploadfiltern: »Sie unterscheiden nicht zuverlässig zwischen Original, Zitat und Parodie, und sie schlagen schon an, wenn im Video vom Neugeborenen im Hintergrund leise ein Lied zu hören ist«, behauptet Beuth. Zwar schreibe der Entwurf keine automatischen Filter vor, doch anders sei den riesigen Datenmengen im Internet nicht beizukommen. Allein bei Youtube werden minütlich 450 Stunden Videomaterial hochgeladen. »Es scheint, als ob die Abgeordneten eine magische Lösung politisch erzwingen wollen, weil sie immerhin verstanden haben, dass die technische Lösung eine Gefahr für Meinungsfreiheit, Wettbewerb und Netzkultur darstellt«, so Beuth. Jetzt aber so zu tun, als sei das Thema Upload-Filter erledigt, sei »pure Realitätsverweigerung«. Die Zustimmung zur Urheberrechtsreform habe gezeigt, dass viele Politiker das Internet immer noch nicht verstehen.

Muzayen Al-Youssef sieht auf derstandard.at viele offene Fragen: »Wer soll also solche Uploadfilter entwickeln und zur Verfügung stellen? Die EU? Der jeweilige Staat? Ein privates Unternehmen? Was geschieht mit den Daten, wo beginnt die Urheberrechtsverletzung, und wo endet sie?« Auch Lisa Hegemann warnt auf zeit.de vor den unabsehbaren Folgen: »Dass Kritiker wie Bitkom-Präsident Achim Berg schon von Zensur sprechen, klingt übertrieben, ist aber berechtigt: De facto entscheiden künftig die Plattformen, auf denen Inhalte geteilt werden, was erlaubt ist und was nicht.« Dadurch, so Hegemann erhielten »die Unternehmen wie schon beim in Deutschland geltenden Netzwerkdurchsetzungsgesetz zu viel Entscheidungsgewalt.«

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