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Radikale Rechte will wieder aufmarschieren

»Zukunft Heimat«, »Pegida«, völkisch-nationalistische »Ein Prozent« und AfD-Politiker mobilisieren für Sonntag nach Sachsen-Anhalt

  • Lesedauer: 4 Min.

Magdeburg. Der Stadt Köthen in Sachsen-Anhalt steht nach dem Todesfall eines 22-Jährigen für Sonntag erneut ein Aufmarsch von Neonazis bevor. Eine Polizeisprecherin in Dessau-Roßlau bestätigte am Donnerstag die Anmeldung eines auswärtigen Vereins für einen Aufzug mit Kundgebung, wollte aber keine Teilnehmerzahlen nennen. Im Internet mobilisiert der rechtsgerichtete, brandenburgische Verein »Zukunft Heimat«, unterstützt unter anderem von »Pegida«, der völkisch-nationalistischen Plattform »Ein Prozent« sowie AfD-Politikern. Auch Gegenprotest formiert sich bereits. Die Stadt Köthen will gemeinsam mit der Evangelischen Landeskirche Anhalts bereits am Vortag, am Samstag, ein »buntes Zeichen für eine friedliche Stadt« setzen. Auch mehrere Bündnisse gegen Rechts kündigten Gegenproteste an. Am Sonntag will etwa ein Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Gruppen wie »Dessau Nazifrei«, »Halle gegen Rechts« und »Querfurt weltoffen« sich gegen den angekündigten Naziaufmarsch stellen.

»Die Konstellation derer, die zu der vom Verein 'Zukunft Heimat' angemeldeten Demo aufrufen, unterscheidet sich nicht wesentlich von denen, die für den sogenannten Trauermarsch in Chemnitz mobilisiert hatten«, sagte Rechtsextremismus-Experte David Begrich vom Miteinander e.V. in Magdeburg dem Evangelischen Pressedienst (epd). »Hier geht es offenkundig nicht mehr um die Bekundung von Beileid oder Trauer«, fügte er hinzu. Begrich sagte: »Köthen ist für diese Akteure zu einer Chiffre oder zu einer politischen Plattform geworden, die sie jetzt für sich nutzen.« Sie hätten ein politisches Interesse daran, die Ereignisse in Köthen so lange wie möglich für sich zu vereinnahmen. Dieser Aufmarsch am Sonntag sei von dem, was eigentlich in Köthen geschehen sei, denkbar weit entfernt.

Der brandenburgische Verfassungsschutz sieht bei »Zukunft Heimat« organisatorische und personelle Überschneidungen mit der rechtsextremistischen »Identitären Bewegung«, wie es im Potsdamer Innenministerium hieß.

Die Stadt Köthen und die anhaltische Landeskirche wollen der geplanten Demonstration des Vereins »Zukunft Heimat« indes ein sichtbares Zeichen für Frieden und Toleranz entgegensetzen. Gemeinsam mit den Kirchengemeinden, Vereinen, Initiativen und weiteren Vertretern der Stadtgesellschaft soll der Köthener Marktplatz am Samstag mit Malkreide gänzlich bunt gestaltet werden, teilten Stadt und Landeskirche mit. Direkt vor dem Eingang der Jakobskirche soll eine große brennende Kerze aufgemalt werden, umrahmt von einer Blume und einer Friedenstaube sowie einer Frieden stiftenden Inschrift. Um dieses Motiv herum sollen weitere Bilder den gesamten Marktplatz verschönern, hieß es. Die Motive stammen von einem Köthener Künstler, der auch die Umrisse auf dem Marktplatz aufzeichnen wird. Am Samstag von 13 bis 17 Uhr sind die Köthener, Kindereinrichtungen und Schulen aufgerufen, die aufgezeichneten Symbole mit Kreide auszumalen.

Zur gleichen Zeit planen ausländische Studenten der Hochschule Anhalt in Köthen ähnliche Aktionen für die an den Marktplatz angrenzende Fußgängerzone. Sie werden ebenfalls Friedenssymbole und Motive ihrer Herkunftsländer auf die Straße bringen und damit ihren Wunsch nach einem friedlichen Zusammenleben zum Ausdruck bringen, hieß es. In der Jakobskirche werden zudem, wie bereits in den Vortagen, am Samstag um 17 Uhr und am Sonntag um 14 Uhr, Friedensgebete stattfinden. Die jüngsten Ereignisse in Köthen und Chemnitz werden am Montag auch das traditionelle Friedensgebet in der Leipziger Nikolaikirche bestimmen.

Bereits am Donnerstag formierte sich unter Beteiligung des Landkreises Anhalt-Bitterfeld, der Stadt Dessau-Roßlau und der Stadt Bitterfeld-Wolfen eine »Gemeinsame Demokratiekonferenz«, die der Stadt Köthen Unterstützung zusicherte. Man wolle so allen Kräften der Zivilgesellschaft beispringen, die »Hass, Ausländerfeindlichkeit und nationalistischer Menschenverachtung« entgegentreten, hieß es in einer Mitteilung. Für Aktionen gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit soll auch das Bundesprogramm »Demokratie leben!« genutzt werden.

Am vergangenen Samstagabend war ein 22-Jähriger nach einer Auseinandersetzung in Köthen gestorben. Zwei Afghanen sitzen seitdem in Untersuchungshaft. Laut Obduktion starb der Mann, der eine Herzerkrankung hatte, an einem Herzinfarkt, nicht durch Tritte oder Schläge. Es gab bereits am vergangenen Sonntag einen sogenannten Trauermarsch mit 2.500 Teilnehmern, darunter bis zu 500 Teilnehmer aus der Neonaziszene, und eine Gedenkveranstaltung der AfD am Montagabend mit 550 Teilnehmern in der Stadt. Nachdem am Sonntag auch rechtsradikale Parolen skandiert wurden, laufen mehrere Ermittlungsverfahren. Agenturen/nd

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