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17 Jahre Krieg und keine Chance auf Sieg
Fragwürde Investition in Afghanistan: Deutschland gab seit 2001 rund 15,82 Milliarden aus
Es sind Hochrechnungen, zugegeben, doch die sind voller Grauen. In Syrien wird die Anzahl der Getöteten in diesem Jahr auf bis zu 15 000 geschätzt. In Afghanistan rechnet die International Crisis Group mit über 20 000 Toten bis zum Jahresende. In die Statistik aufgenommen werden die getöteten Zivilisten - laut UNO waren das im ersten Halbjahr 1700 - sowie die getöteten Aufständischen. Das sind, so sagt die Regierung in Kabul, 300 bis 400 pro Woche.
Die Anzahl der getöteten Sicherheitskräfte ist geheim, nachdem Washington im vergangenen Jahr der Forderung Kabuls nach einer Klassifizierung der Zahlen zugestimmt hat. Folgt man Angaben der US-amerikanischen Wiederaufbauagentur für Afghanistan (SIGAR) muss man jedoch von mehr als 5000 jährlich ausgehen.
Vor kurzem wechselte das Kommando über die aktuell 16 000 US-Soldaten sowie die anderen in den »Operation Resolute Support« verbündeten Truppen. Der bisherige Befehlshaber General John Nicholson übergab sein Amt an General Austin Miller, der zuvor die Spezialtruppen des US-Militärs befehligte. Nicholson wiederholte zum Abschied die Forderung, sofort mit Friedensverhandlungen zu beginnen, denn die Lage der vom Westen unterstützten afghanischen Zentralregierung ist verheerend. Nach Angaben des Militärs kontrollieren die Aufständischen mittlerweile knapp 14 Prozent des Landes, weitere 30 Prozent sind umkämpft.
Die Gefechte nehmen in allen Landesteilen zu. Auch im einst ruhigen Norden. Die Provinz Farjab, die an Turkmenistan grenzt, gehört zu den am schwersten geprüften des Landes. Jüngst mussten afghanische Sicherheitskräfte ihre letzte Militärbasis im Bezirk Ghormatsch aufgegeben. Als sich die Soldaten in die Provinzhauptstadt Maimana zurückzogen, geriet der Konvoi aus rund 80 Fahrzeugen in einen Hinterhalt. Mindestens 25 Soldaten kamen um, 20 wurden verwundet. Zwei Wochen zuvor hatten Taliban eine weitere Militärbasis in Ghormatsch überrannt und Dutzende Soldaten getötet.
Rund 800 deutsche Soldaten leisten zusammen mit Militärs aus insgesamt 21 Nationen jeweils für mehrere Monate ihren Dienst in Masar-i Scharif. 150 Soldaten leisten ihren Dienst in der Hauptstadt Kabul. Auch sie können nichts daran ändern: Die Politik des Westens ist gescheitert. Dabei hat allein Deutschland seit 2001 ressortübergreifend mindestens 15,82 Milliarden Euro in die Befriedung und den Wiederaufbau Afghanistans investiert. So kann man es in einer Antwort der Regierung auf eine Anfrage der AfD-Fraktion nachlesen.
Für die Beteiligung der Bundeswehr an den Einsätzen »International Security Assistance Force« (ISAF), »Operation Enduring Freedom« (OEF), »Resolute Support Mission« (RSM) sowie »United Nations Assistance Mission in Afghanistan« (UNAMA) wurden durch das Verteidigungsministerium von 2001 bis Ende August 2018 rund 11,22 Milliarden Euro an einsatzbedingten Zusatzausgaben ausgegeben. Darüber überwies man an die NATO 481 Millionen Euro zur Unterstützung des Aufbaus afghanischer Sicherheitskräfte. Aus dem Verteidigungsetat wurden darüber hinaus Projekte zur »Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung« finanziert. Zwischen 2006 bis 2009 gab man dafür rund 7,6 Millionen Euro aus. Der Erfolg solcher Bemühungen ist fragwürdig.
Das Auswärtige Amt verbuchte seit 2001 Ausgaben für die Afghanistan-Hilfe in Höhe von rund 1,93 Milliarden Euro. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gab seit 2001 etwa 2,13 Millionen Euro aus, das Bundesinnenministerium förderte das deutsche bilaterale Polizeiprojekt in Afghanistan mit Ausgaben in Höhe von rund 59,4 Millionen Euro.
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