Kroatischer Künstler auf Irrwegen

Abseits des Platzes zweifelhaft: Weltfußballer Luka Modric

Wenn Luka Modric sagt, er rede nicht gern über sich, glaubt man ihm das sofort. Zurückhaltend, fast scheu wirkt er, und schmächtig mit seinen 1,72 Metern Körpergröße. Dennoch kann der Mittelfeldspieler von Real Madrid eine Wucht entfalten, die jeden Gegner in den Schatten stellt - auf dem Fußballplatz. Am Montagabend wurde er in London zum Weltfußballer des Jahres gekürt.

»Luka, an diesen Tag wirst du dich noch erinnern!« Diese Worte beschreiben nicht diesen durchaus denkwürdigen 24. September. Luka Modric ist immerhin der erste Kroate, der die ruhmreichste Einzelehrung in diesem Mannschaftssport erfährt. Und er ist derjenige, der die zehnjährige Dominanz von Messi und Ronaldo gebrochen hat. Jene Worte beschreiben aber nicht den Fußballer Modric. Sie standen im Juni 2017 auf einer Hauswand in Zadar, ein Ort, an dem der Mensch Modric geprägt wurde.

Anfang der 90er Jahre musste Modrics Familie im Jugoslawienkrieg aus ihrem Heimatdorf Zaton vor serbischen Angreifern flüchten. In Zadar kamen nicht alle an, Lukas Großvater wurde ermordet. Ein altes Hotel in der Hafenstadt diente als Flüchtlingslager. Im Juni 2017 steht an der vergilbten Fassade des ehemaligen Hotels: »Luka, an diesen Tag wirst du dich noch erinnern.« Kurz zuvor hatte Modric in Osijek im Prozess gegen Zdravko Mamic ausgesagt. Mamic, oft als Pate der kroatischen Fußballmafia beschrieben, wurde mittlerweile zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt - wegen Bestechung, Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Veruntreuung.

Luka Modric wartet noch auf sein Urteil. Er wurde im März wegen Falschaussage angeklagt. Dass Mamic, jahrelang Präsident von Dinamo Zagreb, an seinem 21-Millionen-Euro-Transfer im Jahr 2008 zu Tottenham Hotspur kräftig mitverdient hatte, davon wollte Modric trotz zuvor gegenteiliger Aussage nichts mehr wissen. Spätestens damit waren Mamics Feinde auch die von Modric. Hat sich der schüchterne Blondschopf nur verstrickt? Dass Modric kurz vor der Verhandlung in Osijek von der spanischen Justiz selbst wegen Steuerhinterziehung belangt wurde und einer Verurteilung nur durch Zahlung von einer Million Euro entkam, lässt andere Antworten zu.

Eigentlich müssten die fußballverrückten Kroaten dem Spielmacher ihrer Nationalmannschaft zu Füßen liegen. Im Sommer hat er sie ins WM-Finale geführt, wie immer mannschaftsdienlich und zugleich herausragend. Aber selbst beim Turnier in Russland schlug dem Künstler am Ball Abneigung entgegen: Einige kroatische Fans zeigten während der Spiele Plakate mit durchgestrichenen Konterfei von Zdravko Mamic.

Gespalten war Kroatien auch während des gemeinschaftlichen Jubels. Als die Vizeweltmeister bei ihrer Rückkehr in Zagreb von mehr als einer halben Million Menschen begeistert empfangen wurden, fuhr im Mannschaftsbus Marko Perkovic mit. Es gibt nicht wenige Länder, in denen die Band Thompson und ihr Frontmann Auftrittsverbot haben. Für die einen ist Perkovic ein Nationalist, der sein Land liebt. Andere nennen ihn einen Nazi. Luka Modric jedenfalls soll dafür gesorgt haben, dass Perkovic die exklusive Jubelfahrt durch die Hauptstadt mitmachen durfte.

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