Kein Interesse am Bahnnetz in der Prignitz
Der pünktlichste Zug in der Region Berlin-Brandenburg fährt auf der vergleichsweise kurzen Strecke zwischen Pritzwalk und Meyenburg im Landkreis Prignitz, und zwar auf der Regionalbahnlinie RB 74. Der Betreiber, die Hanseatische Eisenbahngesellschaft, erreicht dort 99,4 Prozent Pünktlichkeit. Das lässt auf hohe Kundezufriedenheit schließen.
Deutlich weniger zufrieden ist offenbar die derzeitige Betreibergesellschaft. Sie hat an der im April 2018 europaweit ausgeschriebenen Vergabe für das künftige »Netz Prignitz« gar nicht erst teilgenommen. Es umfasst die Regionallinien RB 73 (Neustadt/Dosse - Kyritz - Pritzwalk) und RB 74 (Pritzwalk-West - Meyenburg). »Das Gesamtvolumen beträgt rund 230 000 Zugkilometer und entspricht damit in etwa dem aktuellen Fahrplan inklusive des neu zu errichtenden Haltepunktes Kyritz Nord«, teilte der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) anlässlich der Veröffentlichung der Vergabeunterlagen am 12. April mit. Es gehe um die langfristige Sicherung beider Regionalbahnlinien.
Nun ist der Wettbewerb, den der Verkehrsverbund im Auftrag des Landes Brandenburg gestartet hatte, ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Es hatten, wie VBB-Pressesprecherin Elke Krokowski dem »nd« auf Anfrage bestätigte, keine Eisenbahnunternehmen Interesse an der Teilnahme bekundet. »Es gab schlicht kein Angebot«, sagte sie. Die Vergabe war ursprünglich zum Fahrplanwechsel im Dezember vorgesehen. Panik sei indes nicht angebracht, denn der Weiterbetrieb seit auch nach Inkrafttreten des Winterfahrplans gesichert. »Der bisherige Betreiber wird im Zuge der Notvergabe einen Übergangsvertrag erhalten und den Betrieb auf beiden Linien auch für die kommenden zwei Jahre gewährleisten«, so Elke Krokowski. In dieser Zeit werde ein neues Vergabeverfahren auf den Weg gebracht.
Auch Steffen Streu, Sprecher des Infrastruktur- und Verkehrsministeriums in Potsdam, zeigte sich zuversichtlich, dass man gemeinsam eine tragfähige Lösung finden werde. »Das Land Brandenburg will den Schienenverkehr in der Prignitz auf jeden Fall aufrechterhalten«, versicherte er dem »nd«. Das »Netz Prignitz« ist im Landesverkehrsplan 2018 als Bestandteil des Vergabekonzepts für den Schienenpersonennahverkehr fest verankert.
Das Netz der Hanseatischen Eisenbahn GmbH (HANS) mit Sitz in Putlitz hatte 2015 eine Gesamtlänge von 100 Kilometern mit 26 Haltestellen. Es ist ein großes Problem, ein derart kleines Schienennetz wirtschaftlich zu betreiben, zumal der Markt für Lokführer deutschlandweit so gut wie leer gefegt ist. Auch die HANS finde daher, wie es bei Branchenkennern heißt, offenbar nicht ausreichend geeignetes Personal. Bei der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft wollte man das so nicht bestätigen, hielt es aber für denkbar.
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