Gute Arbeit, gutes Essen
Führungswechsel bei der Gewerkschaft NGG
Die Meldung löste in Gewerkschaftskreisen Überraschung und Bedauern aus: Michaela Rosenberger (58), seit 2013 Chefin der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), wird beim anstehenden Gewerkschaftstag aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr für den Vorsitz kandidieren.
Die Hotelfachfrau und Berufsschulfachlehrerin war 1981 in die NGG eingetreten. Ab 1992 war sie hauptamtlich tätig, zunächst in der Hamburger NGG-Zentrale und später im Landesbezirk Nord. 2003 wurde sie erstmals zur Vizevorsitzenden und 2013 als erste Frau in die Spitzenfunktion ihrer Gewerkschaft gewählt. In dieser Position war sie vor allem für Grundsatzfragen, Organisation, Wirtschaftspolitik, Internationales, Gleichstellungspolitik sowie Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Dass die NGG als erste DGB-Gewerkschaft schon vor über zehn Jahren einen gesetzlichen Mindestlohn forderte, dürfte auch ihrem Einfluss geschuldet sein.
Rosenberger legt großen Wert auf Fragen zu Lohngleichheit sowie Digitalisierung. Sie plädierte immer wieder für eine nachhaltige Ernährungswirtschaft, in der Beschäftigte und Verbraucher gleichermaßen ein Interesse an »guter Arbeit und gutem Essen« hätten. Öffentlich kritisierte sie Nahrungsmittelspekulation und Einwegflaschen, auch miserable Zustände für osteuropäische Werkvertragsarbeiter in Schlachthöfen und irreführende Herstellerhinweise auf Regionalität von Produkten.
Die NGG-Vorsitzende machte sich in der Branche einen Namen als scharfzüngige Kritikerin von weltumspannenden Konzernen wie Nestlé oder Unilever. Deren Renditeziele von 20 Prozent seien »unmoralisch«. Gleichzeitig förderte sie den internationalen Schulterschluss von Belegschaften. Über den betrieblichen Horizont hinaus mischte sich Rosenberger auch in gesellschaftliche Debatten und Bewegungen gegen Neofaschismus und Rassismus ein. Ihr Name steht auf der Liste der Erstunterzeichner des Aufrufs »Abrüsten statt aufrüsten«.
Um die Nachfolge bewirbt sich der bisherige Vizevorsitzende Gui-do Zeitler. Er war seit der Jahrtausendwende hauptamtlich für die NGG in Bayern tätig und seit 2017 im dreiköpfigen geschäftsführenden Vorstand für Bereiche wie Sozial- und Seniorenpolitik, Finanzen und IT-Bürokommunikation zuständig. Angesichts der Tatsache, dass der Druck der Arbeitgeber und gerade der multinationalen Konzerne auf Belegschaften, Betriebsräte und Gewerkschaft zunimmt, kommen auf die künftige NGG-Führung große Herausforderungen zu.
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