Schweden: Moderatenchef darf sondieren

  • Birthe Berghöfer
  • Lesedauer: 3 Min.

Schweden hat auch knapp vier Wochen nach den Parlamentswahlen noch keine neue Regierung. Die erste Chance zur Regierungsbildung erhielt nun Ulf Kristersson, Chef der Moderaten und neben dem Sozialdemokraten Stefan Löfven, potenzieller Ministerpräsident.

Nach einer zweiten Gesprächsrunde mit allen Parteivorsitzenden beauftragte Parlamentspräsident Andreas Norlén am Dienstagnachmittag Ulf Kristersson mit der Bildung einer möglichen Regierung. »Es ist ein logischer Schluss, dass derjenige, der eine Regierung absetzt, dann selbst die Aufgabe erhält eine neue Regierung zu bilden«, sagte Norlén während seiner abschließenden Pressekonferenz. Das Parteienbündnis Alliansen - bestehend aus Moderaten, Christdemokraten, Zentrumspartei und Liberalen - hatte am 24. September zusammen mit den rechten Schwedendemokraten den bisherigen Regierungschef Stefan Löfven abgewählt. Kristersson hat nun zunächst zwei Wochen Zeit eine Regierungsalternative zu finden, die entsprechend dem geltenden »negativen Parlamentarismus« eine Toleranz im Parlament haben könnte. Ein Bericht zum Stand der Sondierungen ist bereits kommende Woche vorzulegen. Was ist zu erwarten?

Sozialdemokraten zu Ende der Blockpolitik bereit

»Ich werde alles in meiner Macht stehende tun um eine Allianzregierung zu bilden«, sagte Ulf Kristersson nach Erhalt des Sondierungsauftrages. Mit dem kategorischen Ausschluss jeglicher Zusammenarbeit mit den Schwedendemokraten werden seine ersten Schritte nun auf Stefan Löfven zugehen. Dabei strebt Kristersson die Toleranz der Sozialdemokraten gegenüber einer Allianzregierung an - eine blockübergreifende Lösung und fast unmögliche Aufgabe. Denn die Sozialdemokraten sind mit 28,3 Prozent mit Abstand stärkste Partei geworden und nicht bereit, eine Regierung der bürgerlich-konservativen Parteien nur zu dulden, zumal diese Löfven kurz zuvor erst abgewählt haben.

Löfven selbst hatte allerdings bereits am Wahlabend von einer Beerdigung der Blockpolitik gesprochen und hat sich wohl nicht zuletzt mit dieser Aussicht am Dienstag auch selbst für Kristersson als ersten Regierungsbeauftragten eingesetzt. »Es ist erstaunlich, dass Löfven den Sondierungsauftrag Kristersson überlässt, in der Hoffnung, dass dieser dabei scheitert«, so die Chefin der Zentrumspartei Annie Lööf und auch jene Person, mit der sich Löfven eine gemeinsame Regierung vorstellen könnte.

Gespräche mit Rechten könnten Ende der Allianz einläuten

Um mit seinem Sondierungsauftrag nicht zu scheitern, müsste Ulf Kristersson - sollten die Sozialdemokraten nicht zu einer Tolerierung bereit sein - als nächstes das Gespräch mit Jimmie Åkesson, Chef der Schwedendemokraten, suchen. Doch wenn alle Parteien des bürgerlichen Blocks ihre Wahlversprechen einhalten, riskiert er damit das Ende der Allianz.

Wenn alle Parteien an ihren Positionen festhalten, wird es also auf lange Sicht zu keiner neuen Regierung kommen. So oder so sind die nächsten zwei Wochen eine diplomatische Herausforderung für Kristersson, danach liegt es wieder bei Andreas Norlén, über das weitere Vorgehen zu bestimmen. Der Parlamentspräsident kann Kristersson eine neue Frist setzen oder aber den Sondierungsauftrag an Löfven übergeben.

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